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Robin Hood - König der Diebe

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Teil 11 – Bittere Wahrheiten

Etwas später, als sich alle ein wenig erholt hatten, trat Robin mit Marian hinaus vor das Haus. Das Wetter hatte sich gebessert, gelegentlich blitzte sogar ein Sonnenstrahl durch die dichten Wolken. Robins Blick schweifte umher auf der Suche nach Aseem und Sayeed. Schließlich entdeckte er sie auf dem Wehrgang der Umfassungsmauer. Er lächelte schwach.

Als er sich von Marians Tritt in seine edelsten Teile erholt hatte, stellte er ihr seine beiden Gefährten vor. Marian hatte die beiden misstrauisch gemustert, sie aber als seine Reisegefährten ebenfalls in ihrem Haus willkommen geheißen. Sayeed hatte sie etwas länger prüfend angesehen als Aseem, der ihr offen zugelächelt und sich wortreich bedankt hatte. Denn Sayeed hatte ihren Schleier nicht abgelegt und Marian nur knapp zugenickt. Weder Robin noch Aseem hielten es für angebracht, ihr mitzuteilen, dass Sayeed eine Frau war. Robin erklärte Marian nur, dass „er“ stumm sei. Marian hatte genickt und nicht weiter gebohrt, aber Robin sah ihr an, dass die Fragen in ihr brodelten.

Doch das war jetzt nicht wichtig. Marian saß auf einer verfallenen Steinmauer und sah unverwandt den Ring an, den ihr Robin gegeben hatte. Den Peter Dubois ihm in seinen letzten Minuten in jener Gasse vor dem Gefängnis in Jerusalem anvertraut hatte. Robin sprach kein Wort, ließ ihr die Zeit, um ihren Bruder zu trauern.

Sein Blick schweifte umher. Über die Mauern konnte er in das weite Land schauen. Dubois Mansion war an beiden Seiten von Hügeln umgeben, und in der Ferne weideten Schafe an den Hängen.

Marian war wie hypnotisiert von dem Ring in ihrer Hand und mit den Gedanken auf einer Straße Jerusalems, die sie nie gesehen hatte. „Und du bist ganz sicher?“ fragte sie schließlich, mit den Tränen kämpfend. „Es gibt keinen Zweifel, dass er tot ist?“

Keinen“, antwortete er sanft. „Er hat bis zum letzten Augenblick tapfer gekämpft.“

Woher soll ich wissen, dass du ihn nicht im Stich gelassen hast, um deine eigene Haut zu retten?“ fragte sie mit tränenerstickter Stimme. Sie sah ihn nicht an dabei.

Robin reagierte nicht auf die Provokation. „Niemand trauert über den Verlust mehr als ich“, sagte er nur leise.

Marian versuchte ihm zu antworten, doch sie brachte kein Wort heraus. „Ich werde meiner Mutter in London dein Beileid ausrichten“, sagte sie schließlich förmlich.

Robin sah sie ernst an. „Du wärst dort bei ihr gewiss sicherer“, sagte er und ließ sich neben ihr nieder.

Das Leben bei Hofe interessiert mich nicht“, widersprach sie schroff. „All dieser Klatsch und dieses Jagen nach Gunstbeweisen.“

Robin sah sie nicht an. Während er nach Worten suchte, rieb er die Hand verlegen an seiner Hose. „Aber hier bist du allein.“

Keineswegs.“ Sie sah sich um, blickte auf die in Lumpen gehüllten Bauern, die an der Küchentür des Hauses nach Suppe anstanden. Sie sahen allesamt verhärmt und unterernährt aus und trugen das Wenige, das sie noch besaßen, auf dem Rücken bei sich. Aus den eingesunkenen Gesichtern standen die Knochen hervor, und verstörte, tiefliegende Kinderaugen blickten verständnislos in die Welt. Der Anblick erregte neuen Zorn in Marian. „Diese Zeiten haben uns große Not beschert. Während du und mein Bruder die Helden gespielt haben, hat uns hier der Sheriff von Nottingham ausgeplündert.“

Sie funkelte ihn an, als sei es tatsächlich seine Schuld. Doch er hielt ihrem Blick stand und beherrschte sich. „Immerhin hast du deine Ländereien noch, Marian.“ Ärgerlich hätte er sich im gleichen Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. Er konnte selbst hören, wie anklagend das klang.

Weil ich dem Sheriff keinen Grund gebe, unseren Besitz beschlagnahmen zu lassen“, fuhr sie ihn an und sprang auf. „Und weil ich meinen Mund halte. Weil ich keine Schwierigkeiten mache. Was kann ich sonst schon tun? Wenn ich nicht mehr da wäre, wer würde diese Leute ernähren? Ich bin eine Cousine des Königs. Es ist meine Pflicht, diesen Menschen zu helfen, bis er zurückkommt und wieder Recht und Ordnung einkehren.“ Dann stürmte sie davon. Robin hatte bei ihren Worten beschämt den Kopf gesenkt und sah immer noch zu Boden. Fieberhaft überlegte er, wie er seine harten Worte wieder gutmachen konnte.

Dann lief er ihr hinterher. Er rief ihren Namen, aber sie lief immer weiter, zutiefst verletzt. Erst in der Gasse, die zwischen dem Haupthaus und den Stallungen entlang führte, holte er sie ein.

Marian“, rief er. Und tatsächlich, sie blieb stehen. „Ich bin wahrhaftig nicht hierher gekommen, um deine Gefühle zu verletzten“, sagte Robin entschuldigend. Marian schüttelte nur abwehrend den Kopf. „Ich habe deinem Bruder geschworen, dich zu beschützen“, sagte er eindringlich.

Mit tränenerstickter Stimme antwortete Marian: „Du kannst aber meinen Bruder nicht ersetzen.“ Dann wandte sie sich ab und ging. Hilflos sah Robin ihr nach, wieder hatte er nicht die richtigen Worte gefunden. „Ich will ...ich will...“, mehr brachte er nicht heraus. Dann lief er ihr nach.

Ich will ihn nicht ersetzen“, sagte er flehend. „Marian, verzeih. - Aber ich komme nach Hause und finde alles zerstört vor, meinen Vater ermordet.“ Marian blieb stehen und drehte sich wieder zu ihm um. „Und alles, was ich darüber erfahre, ist das Gestammel eines alten blinden Mannes“, fuhr Robin mit einer Geste zu Duncan, der in der Nähe saß, fort.

Marian wandte sich abermals ab. Sie weinte jetzt. „Ich kann mich an dich nur als einen verzogenen Bengel erinnern, der mir als Kind immer die Haare angesengt hat“, sagte sie hilflos und sah ihn entschuldigend an.

Robin trat einen weiteren Schritt auf sie zu. „Glaubst du nicht, dass die Jahre des Krieges und der Gefangenschaft einen Mann ändern können?“ fragte er.

Marian sah ihn immer noch zweifelnd, aber schon halb überzeugt an. Dann legte sie die Hand auf seinen Arm. „Robin, was auch immer zwischen dir und deinem Vater geschehen ist, du darfst nicht glauben, was man deinem Vater zur Last legt.“

Robin lächelte traurig und ließ seinen Blick verloren über die grünen Hügel in der Ferne schweifen. Marian musterte ihn. Das war nicht der Robin, den sie einst gekannt hatte. Sein Gesicht war jetzt von Trauer und harten Entbehrungen gezeichnet. Aber in seinen Zügen spiegelt sich auch seine Kraft.

Sie fuhren beide herum, als Aseem oben von der Außenmauer herabrief. Sayeed, die neben ihm stand, winkte aufgeregt. Als er sie so dort auf der mehr als doppelt mannshohen Mauer sah, musste Robin daran denken, was Aseem ihn erzählt hatte, als er fragte, wie sie es denn geschafft hatten, das verriegelte Tor zu überwinden. Er habe Sayeed über die Mauer gehoben, antwortete dieser lakonisch. Als Robin ihn ungläubig ansah, meinte er grinsend, das sei schon eines Fakirs würdig gewesen. Erst einmal auf der anderen Seite, war alles Weitere ein Kinderspiel. Sayeed öffnete ihnen das Tor und dann brauchten sie ja nur noch dem Kampflärm zu folgen. Robin musste lächeln. Er hatte auf einmal Sayeed vor Augen, wie sie dabei neben Aseem stand, so völlig verhüllt. Aber in ihren Augen blitzte das Vergnügen über ihr kleines Kunststück und Robins Staunen darüber. Er brauchte es nicht zu sehen um genau zu wissen, dass sie unter dem Schleier breit grinste.

Doch Sayeeds Gesten oben auf der Mauer rissen Robin aus seinen Gedanken. Sie wurden immer drängender und Robin beeilte sich, zu ihnen auf die Mauer zu klettern. Aseem blickte weit hinaus über das Land und knurrte nachdenklich vor sich hin. Als Robin endlich neben ihm stand, sah er es auch. Unten im Tal donnerte eine Gruppe Reiter direkt auf Dubois Mansion zu. Robin runzelte die Stirn. Wer konnte schon annehmen, es sei ein Zufall, dass sie gerade jetzt kamen, da er hier war? Jemand musste ihn auf dem Weg hierher erkannt und es dem Sheriff gemeldet haben. Er wandte sich an Aseem um Rat und hielt verblüfft inne, als der Maure seine Gürteltasche öffnete und ihr zwei Glasscheiben und ein Stück Leder entnahm, das er zu einer Röhre rollte. An jedes Ende steckte er eine der Glasscheiben und hielt sich dieses Gerät dann ans Auge.

Robin sah ihm neugierig zu. Hatte das, was er tat, etwas mit seiner Religion zu tun, wie die Gebete fünfmal am Tag? Als ihm Aseem sein Gerät reichte und ihm bedeutete, ebenfalls hindurchzusehen, nahm er es misstrauisch, fixierte Aseem streng für den Fall, dass es sich um irgendeinen unpassenden arabischen Scherz handelte, und setzte sich das Ding schließlich zögerlich ans Auge, wie er es bei dem Mauren gesehen hatte. Er sah bewaffnete Reiter direkt auf sich zukommen.

Robin ließ das Fernrohr vor Schreck fast fallen und griff hastig nach seinem Schwert. Dabei erkannte er, dass die Reiter wieder verschwunden waren und nur ganz winzig unten im Tal zu erkennen waren. Noch einmal hob er das Fernrohr ans Auge, tastete dabei vorsichtig mit dem Schwert nach den anscheinend so nahen Reitern.

Der Maure tauschte einen amüsierten Blick mit Sayeed und schüttelte langsam den Kopf. „Wie konnte eine so rückständige Rasse wie die eure jemals Jerusalem erobern?“

Robin lächelte. „Das weiß nur Gott allein.“ Er blickte noch einmal durch das Fernrohr, und sein Mund wurde schmal, als er Gisborne an der Spitze des Trupps erkannte.

Was ist los?“ rief Marian ungeduldig.

Robin und Aseem sahen sich an, dann sprangen von der Mauer. Ein riesiger Haufen Stroh fing ihren Fall ab. Sayeed schüttelte den Kopf und lief den Wehrgang entlang zu einer Treppe. Aseem eilte zu den Ställen, wo er mit Sayeed zusammentraf, während Robin zurück zu Marian lief.

Die Soldaten des Sheriffs“, sagte Robin.

Auf dem Weg hierher? - Stellst du dir so deine Beschützerrolle vor?“

Ich habe einige Leute des Sheriffs getötet“, sagte er gleichmütig. „Ich habe dich wohl in Gefahr gebracht, indem ich hierher kam.“

Ich kann auf mich selbst aufpassen“, erwiderte Marian kühl. „Also verschwinde von hier und nimm deine Freunde mit, solange es noch möglich ist.“

Aseem kam bereits wieder, auf einem ungesattelten Pferd und mit Duncan hinter sich.

Marian sah ihn entsetzt an und rief: „Aber das ist mein Pferd!“

Aseem lächelte sie an. „Ein wahrhaft prachtvolles Tier, my Lady“, sagte er fröhlich, aber es klang recht gekünstelt. Sayeed lief hinter ihm her, ein zweites ungesatteltes Pferd am Zügel. Verzweifelt verzog Marian das Gesicht. „Aber ihr könnte mir doch nicht meine Pferde nehmen.“

Robin blickte sich beunruhigt um. lnzwischen war das Hufgetrappel bereits deutlich zu hören; die Reiter kamen zusehends näher. Er zögerte noch, blickte von Marian zu den anderen und wieder zurück. Sayeed hatte sich schon auf das Pferd geschwungen und wedelte ungeduldig mit der Hand.

Auch Marian hörte den Lärm der heranstürmenden Reiter. Sie wandte sich an Robin. „Geh!“ sagte sie energisch.

Aber ich habe meinen Eid gegeben, dich zu beschützen, Marian.“ Er war hin und her gerissen zwischen dem Drang zu fliehen und seinem Schwur, den er Peter gegeben hatte.

Marian sah ihn kopfschüttelnd an. „Und ich sagte dir, ich bin der heroischen Knabengesten müde.“

Robin schüttelte entschieden den Kopf. „Ich verlasse dich nicht. Du brauchst mich.“

Marian funkelte ihn an. Er verschränkte die Arme und funkelte starrköpfig zurück. In diesem Moment kamen die Reiter durch das Hoftor gestoben; der Hof füllte sich im Nu mit Berittenen, Gisborne voran. Sie trieben die Bauern wie Hühner auseinander. Marian deutete dramatisch auf Robin. „Ergreift diese Männer! Sie stehlen meine Pferde!“

Wie freundlich, Marian“, murmelte Robin ironisch, aber auch bewundernd und rannte zu den wartenden Pferden. Er konnte es sich nicht verkneifen, ihr noch eben mit der flachen Seite seines Schwertes einen Klaps auf den Po zu geben. Aseem stieß seinem Pferd schon die Fersen in die Weichen. Es galoppierte auf das Tor zu, während ihm Sayeed auf dem zweiten etwas langsamer folgte. Robin sprang hinter Sayeed auf, die augenblicklich das Pferd anspornte, und machte eine rüde Geste zu Gisborne hin, während sie auf das Tor zurasten. Im Nu schwirrten überall um sie herum Armbrustpfeile. Gisborne hatte sein Pferd bereits herumgerissen und machte sich an ihre Verfolgung. Aber Marian stand ihm direkt im Weg. Er zügelte sein Pferd und blickte sie wütend an. „Ihr habt Gesetzlose beherbergt, my Lady!“

Das sind Diebe, sonst nichts, Idiot!“ fuhr ihn Marian grob an. „Bringt meine Pferde zurück, oder der Sheriff wird von Eurer Feigheit erfahren!“

Gisborne lächelte kalt. Er wusste, dass sie log. Aber er wusste ebenso, dass er nichts beweisen konnte. „Da habt Ihr aber Glück gehabt, Lady Marian, dass er Euch nicht auch noch Eure Tugend gestohlen hat!“ Er zog sein Pferd so brutal herum, dass es sich aufbäumte, und rief seinen Leuten zu: „Eine Krone für den, der mir Locksleys Kopf bringt!“

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