Andere Fandoms
|
|
Teil 14 – Einmal siegt man, einmal verliert man „Gut, alter Knabe“, sagte John ganz unverbindlich, „bereit, mal richtig durchgewalkt zu werden?“ Robin warf seinen Gefährten einen schnellen Blick zu. Aseem und Duncan waren inzwischen genötigt worden abzusteigen, einige der Gesetzlosen führten die Pferde fort. Aseem zuckte ratlos mit den Schultern und nickte ihm aufmunternd zu. Sayeed hob die Hände und machte eine hilflose Geste. Robin richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf John Little und beschloss. dass es an der Zeit sei, einige harsche Worte mit dem Mauren zu reden - vorausgesetzt natürlich, dass er aus dieser Angelegenheit einigermaßen heil herauskam. Eine Diskussion mit Sayeed erledigte sich wohl von selbst. Wie stritt man auch mit jemandem, der nicht sprach und auch sonst einfach die Kommunikation einstellte, wenn es ihm passte? Aber während er noch darüber sinnierte, machte John Little plötzlich einen Satz nach vorne, der Robin zwang, sich augenblicklich der momentanen Situation zu widmen. Den ersten Hieb wehrte er noch gut ab, obwohl er den Schlag teilweise mit der Hand abfing. Vor Schmerz ließ er den Stock los und schüttelte die Hand. Doch dann prasselten schon die Schläge von allen Seiten auf ihn ein, und alles, was er überhaupt tun konnte, war, einfach nur irgendwie standzuhalten. Zu seinem Glück war John so daran gewöhnt, dank seiner Kraft und Schnelligkeit immer mit Leichtigkeit zu gewinnen, dass er sich wenig um Taktik und derartige Feinheiten scherte. Robin hielt sich also und wartete den geeigneten Moment ab. Dann duckte er sich plötzlich vor einem allzu selbstsicheren Hieb und stampfte John mit aller Kraft auf den Fuß. Der Hüne heulte auf, vor Überraschung ebenso wie vor Schmerz, und taumelte rückwärts, und da war Robin bereits über ihm und legte alle Kraft, die er noch hatte, in jeden der Schläge, die er nun austeilte. Zwei landete er in Johns Rippen, doch dann kam der Prügel seines Gegenübers in kurzem, scharfem Bogen angesaust, und er hatte nicht mehr die Zeit, ihm auszuweichen. Er flog einen Schritt zurück, und John Little war schon wieder hinter ihm her und verpasste ihm eine Serie Hiebe, dass er Sterne sah. Der Kampf wogte noch eine ganze Weile auf diese Weise hin und her, jeder Hieb und jeder Schlag wurde vom anderen mit gleicher Münze vergolten, und keiner von beiden konnte einen größeren Vorteil gewinnen oder den alles entscheidenden Hieb anbringen. John beobachtete Robin mit wachsender Neugier. Der Kampf machte ihm richtig Spaß. Er lachte und kicherte vor sich hin. Dann rutschte Robin aus und musste seine Deckung einen Moment vernachlässigen. John stieß ihm seinen Knüppel in den Magen. Robin krümmte sich und rang japsend nach Luft. Die anderen fanden das ungeheuer lustig und schlugen sich brüllend auf die Schenkel. John stieß Robin schnell und heftig vom Felsen, hinunter ins Wasser der nächsten Stufe. Der plötzliche Schock des eiskalten Wassers brachte Robin wieder zu sich. Er sah an sich herab. Etwas fehlte. Erschrocken tastete er nach dem Kreuz. Das baumelte auf einmal direkt vor seinen Augen. „Suchst du das hier?“ fragte eine Stimme freundlich. Robin schaute auf und sah, dass das Kreuz am Ende von Johns Stock herabhing. Er griff danach, aber John zog es rasch hoch und grinste ihn an. „Vielen Dank für den Wegzoll“, sagte er ironisch. Dann richtete er sich auf und ging in Richtung Ufer. „Dem reichen Bürschchen hat es wohl die Sprache verschlagen“, rief der im roten Hemd höhnisch. Die Waldleute lachten wieder laut. Robin sah zu den beiden Mauren. Sayeed hatte keine Augen für den Kampf, sondern starrte unverwandt zum anderen Ufer. Also richtete er seinen Blick auf Aseem und rief: „Irgendeine Idee?“ Aseem antwortet nur: „Steh auf. Beweg’ dich schneller!“ Robin unterdrückte einen ärgerlichen Fluch, rappelte sich aber auf, fand sogar den Stock wieder und lief hinter John Little her, der sich das Kreuz inzwischen um den Hals gehängt hatte. Er war schon fast am Ufer und bemerkte nicht, dass Robin ihm folgte. Der stieß ihm seinen Knüppel heftig zwischen die Schulterblätter, so dass John der Länge nach im Wasser landete. Robin stellte sich vor ihn, der sich schnell wieder erhob. „Wir sind noch nicht fertig“, sagte Robin herausfordernd. „In Ordnung, mein Bester“, erwiderte John. „Lust auf noch eine Tracht Prügel?“ Er lächelte vor Freunde auf einen weiteren Gang. „Sollst du haben!“ Dann schlug er sofort wieder auf Robin ein. Der parierte und griff ihn entschlossen an. Ihre beiden Prügel sausten mit solchem Tempo aufeinander, dass die Zuschauer kaum noch folgen konnten. Robin gelang es, einige harte Schläge in Johns Rippen anzubringen, und sein Lohn war, dass dessen Grinsen zum ersten Mal verschwand. Endlich gelang Robin ein harter Schlag gegen Johns Kinn, der daraufhin stürzte. „Es scheint, ich habe Eure Grenze überschritten“, sagte Robin höhnisch, „John Little. Oder soll ich dich lieber Little John nennen?“ John sprang sofort wieder auf, allmählich wurde er wirklich wütend. Er schwang seinen Prügel in weitem Bogen gegen Robin und legte alle Kraft, die er hatte, in den Schwung. Im letzten Moment duckte Robin sich jedoch, und John verlor die Balance, als sein Stock ins Leere hieb, stolperte und war für diesen Moment jedem Gegenangriff wehrlos ausgesetzt. Robin schlug ihm in die Seite, dass John einknickte und in die Knie ging. John sprang wutschnaubend auf, zum dritten Mal gingen sie aufeinander los, und wieder sausten ihre Prügel durch die Luft und krachten zusammen. Dann kam Johns Stock blitzschnell gefahren und traf Robin direkt über dem Ohr. Dieser taumelte rückwärts, verlor das Gleichgewicht und verschwand in der schäumenden Gischt des Wasserfalls. Besorgt musterte Aseem die Wasserfläche unterhalb des Wasserfalls. Robin kam nicht mehr zum Vorschein. Sayeed legte ihn eine Hand auf den Arm. Aseem sah sie fragend an, aber als sie leicht den Kopf schüttelte und mit der anderen gestikulierte, nickte er knapp. John kletterte über die Felsen seitlich der Kaskade herunter, trat bis an den Rand und wartete geduldig, aber Robin kam nicht mehr zum Vorschein. John stocherte ein paar Mal mit seinem Stock in dem Wasser, dann drehte er sich zu seinen Leuten um und seufzte bedauernd. „Verdammt, was für ein Jammer. Er war immerhin ein tapferer Bursche.“ In diesem Moment tauchte Robin prustend auf, fuhr ihm mit seinem Stock zwischen die Beine und riss ihn mit in den Fluss. John ruderte heftig mit den Armen und ging unter. Als er wieder auftauchte, schrie er wild um sich schlagend in heller Panik um Hilfe. Gurgelnd ging er erneut unter. Doch Robin war schon bei ihm und brachte Johns Kopf wieder über Wasser. „Nun, ergibst du dich?“ fragte er. Aber John hatte im Moment nur eine Sorge. „Verdammt, ich kann nicht schwimmen“, rief er panisch. Er spuckte und versuchte sich an Robin festzuklammern, der ihm jedoch mit Leichtigkeit auswich, so dass John rudernd und um sich schlagend wieder unterging. Robin ließ ihn eine Weile zappeln, dann zog er ihm den Kopf aus dem Wasser. „Ergibst du dich?“ „Gut, ja!“ röchelte John. „Na also“, sagte Robin. „Und jetzt stell dich hin!“ John starrte ihn an und versuchte es. Er fand den Boden und sah, dass ihm das Wasser tatsächlich nur bis zur Brust ging. Robin ließ ihn vorsichtshalber nicht aus den Augen, doch John machte gute Miene zum bösen Spiel und begann zu lachen. „Da soll mich doch... „ Robin verbeugte sich förmlich vor ihm und streckte fordernd die Hand aus. „Das Kreuz.“ Die Waldmänner verfielen in atemloses Schweigen. Es verging ein langer, quälender Augenblick, in dem alle gespannt abwarteten, was John nun tun würde. Er sah Robin nachdenklich an, und als er sprach, war seine Stimme verdächtig ruhig. „Sag mir erst deinen Namen.“ „Robin von Locksley“, antwortete Robin laut und vernehmlich. Als sie diesen Namen hörten, wurden einige der Waldmänner unruhig. Da und dort war das Wort „Teufelsanbeter“ zu hören. Sayeed durchfuhr plötzlich ein scharfer Schmerz, als Robin seinen Namen nannte. Suchend schweiften ihre Augen und ein paar andere Sinne über die Waldmänner. An dem Burschen in dem roten Hemd, auf der anderen Seite des Flusses, blieben ihre Blicke hängen. Er starte Robin stumm an, das Gesicht eine starre, ausdruckslose Maske. Aber der Hass, den er ausstrahlte, wühlte wie eine rotglühende Klinge in ihrem Geist. Schaudernd wandte sie sich ab. Sie musste all ihre Selbstdisziplin zusammennehmen, um sich gegen den Schmerz abzuschotten. Schließlich konnte sie dem Geschehen wieder folgen. „Nun gut, Robin von Locksley“, erklärte John Little gerade, „du hast einen verdammt harten Schlag.“ Er streifte sich die Kette über den Kopf und reichte sie Robin, griff dann mit seinen gewaltigen Pranken zu und trug ihn lachend hinüber ans Ufer. Jetzt lachten die Waldmänner ebenfalls, und dieses Mal schwang kein Hohn mehr in ihren Stimmen mit. John hatte ihn akzeptiert, also taten sie es auch – bis auf einen jedenfalls. Der Jüngling in dem roten Hemd war von allen unbemerkt im Wald verschwunden. Am Ufer ließ John Robin einfach fallen. Robin kam wieder zu Atem, lächelte John zu und funkelte dann Aseem böse an, der inzwischen, Duncan hinter sich herführend, ebenfalls über den Fluss gekommen war. Auch Sayeed erhielt einen giftigen Blick, den sie aber gar nicht beachtete. Stattdessen reichte sie ihm achtlos sein Schwert, das sie bei dem Übergang über den Fluss aus dem Wasser gefischt hatte, während ihr Blick suchend über die Geächteten schweifte. „Vielen Dank für eure Hilfe!“ sagte Robin in Richtung der beiden Mauren und ließ den Satz vor Sarkasmus triefen. Beide zeigten sich allerdings völlig unbeeindruckt. Sayeed schien es gar nicht gehört zu haben, sie machte den Eindruck, als sei sie mit den Gedanken ganz woanders. Und Aseem meinte lakonisch: „Die Gefahr war größer für den Verlust deines Stolzes als deines Lebens.“ |