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Robin Hood - König der Diebe

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Teil 17 - Verletzungen


Der Morgen dämmerte mit dem Gezwitscher der Vögel herauf. Aseem erwachte mit einem Ruck, als ihm beständig Tropfen von einem überhängenden Ast auf die Stirn fielen. Er setzte sich auf und verwünschte die Welt im Allgemeinen und das englische Klima im Besonderen. Er war steif und verspannt von der Nachtkälte, und ein nächtlicher Regenschauer hatte seine Kleider durchnässt. Allmählich fragte er sich ernsthaft, ob er noch jemals einen warmen Tag erleben würde. Wie zum Trost brach die Sonne durch die Bäume. Er sah sich um. Im Morgendunst begann es im Lager allmählich wieder lebendig zu werden. Die Waldmänner husteten, keuchten und niesten, als sie aus ihren Schlupflöchern und Winkeln hervorkrochen wie verschlafene Tiere aus ihrem Bau.

Die Könige“, murmelte Aseem leise vor sich hin.

Er nickte Robin zu, der bereits wach war und gedankenverloren vor sich hin starrte. Dieser lächelte knapp zurück. Aseem erhob sich und hielt nach einem ausreichend abgelegenen Platz für seine privaten Verrichtungen Ausschau. Nebenbei suchten seine Augen noch nach etwas anderem. Aber Sayeed konnte er nirgendwo entdecken. War sie etwa immer noch nicht zurück?

Neben Robin erwachte nun auch Duncan. Der alte Mann setzte sich mühsam auf. Er war zu alt für solche Strapazen wie am Tag zuvor, das wussten sie beide.

Was ist, alter Freund“, sagte Robin betont munter, „etwa zuviel Met abbekommen?“

Vergebt mir“, sagte Duncan. „Ich habe wohl verschlafen.“

Bleib liegen und ruh dich aus“, sagte Robin und lehnte sich zurück. „Nur die Ruhe und ganz gemächlich!“ Seufzend vor Erleichterung ließ sich Duncan wieder auf sein Lager sinken. Nachdenklich wanderte Robins Blick durch das ärmliche Lager. Dann kam ihm eine Idee. „Was ist heute für ein Tag?“ fragte er Duncan.

Sonntag, glaube ich“, antwortete dieser.

Verteilt man bei der Messe immer noch Almosen?“

Gewiss“, bestätigte Duncan. „Und das Bedürfnis nach Barmherzigkeit ist größer denn je.“

Robin starrte gedankenverloren vor sich hin. „Dann, alter Freund, muss ich dich um einen Gefallen bitten. Ich habe da etwas im Sinn...“ Seine Stimme verebbte, als er Will Scarlet auf sie zukommen sah.

Nichts Gutes ahnend, blickte Robin ihm entgegen. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass Aseem sich ihnen näherte, als böte er seinen Schutz an.

Der junge Mann baute sich vor Robin auf, ein bösartiges Glitzern in den Augen. Hämisch grinsend eröffnete Will ihm, er habe sich mit seinem Maurenliebchen vergnügt. Robin war wie vor den Kopf geschlagen. Verwirrt fragte er sich, wovon der andere da redete.

Dann sah er Sayeed hinter Scarlet auftauchen, die Kleidung zerknittert und mit Erde und Blättern verschmutzt, den Turban zusammengeknüllt in den Händen. So derangiert hatte Robin sie noch nie gesehen. Perplex bemerkte Robin, dass sie ihm Zeichen gab, nicht auf Scarlets Provokation zu reagieren. Und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

Hilfesuchend schaute er Aseem an, aber der zuckte nur mit den Schultern und schüttelte fassungslos den Kopf. Robin starrte ihn irritiert an. So sprachlos hatte er den Mauren noch nie erlebt.

Robin musste einige Male schlucken, bevor er sprechen konnte. Dann zuckte er betont gleichgültig mit den Achseln und meinte lapidar, er könne Sayeed schließlich nicht vorschreiben, wie sie ihre Zeit verbringe.

Nun bekam Will Scarlet kein Wort mehr heraus. Robin rechnete schon damit, dass der jüngere sich wutentbrannt auf ihn stürzen werde, aber Will begnügte sich damit, ihn voller Hass anzufunkeln. Dann drehte er sich immer noch wortlos um und stakste mit steifem Rücken davon.

Jetzt war es an Robin, Sayeed wütend anzufunkeln. Schon holte er tief Luft, um sie zur Rede zu stellen, da wedelte sie abwehrend mit der Hand, drehte sich um und eilte diesem verfluchten Scarlet hinterher.

Der fühlte sich plötzlich grob an der Schulter gepackt. Sayeed wirbelte ihn scheinbar ohne Anstrengung herum, und ehe Will es sich versah, lag er schon auf dem Rücken. Sayeed beugte sich lächelnd zu ihm hinunter, doch ihr Lächeln glich eher einem Zähnefletschen. Will war wie gelähmt, der harte Aufprall hatte ihm den Atem aus den Lungen getrieben. Als sie die Hand hob, als wolle sie ihn schlagen, schloss er schicksalsergeben die Augen. Aber als er dann ihre Lippen auf seinem Mund spürte, riss er sie überrascht wieder auf. Sie küsste ihn so hart, dass es schmerzte. Dann erhob sie sich und ging hoch aufgerichtet davon, während Will immer noch schwer nach Atem rang.

Mühsam arbeitete er sich in eine sitzende Stellung hoch. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Er begriff noch nicht richtig, was eigentlich vorgegangen war. Plötzlich sah er Aseem vor sich stehen. Mit seiner Hilfe gelang es ihm, wieder in die Senkrechte zu gelangen. Unwirsch knurrend wollte er sich abwenden, aber die leisen Worte des Mauren ließen ihn innehalten.

Du hast Sayeed sehr verletzt“, hörte er ihn sagen. „Aber bedenke, sie ist eine mächtige Zauberin und große Kriegerin. Sei dir darüber im Klaren bei allem, was du tust oder sagst.“ Dann ging er davon.

Verwirrt blickte Will ihm nach. Was war das denn gewesen? Und was hatte der Maure da gesagt? Will fuhr sich mit der Hand über die Augen, holte tief Luft und zog sich in den Wald zurück. Er musste jetzt allein sein, brauchte dringend Zeit zum Nachdenken. Das alles war völlig anders abgelaufen, als er es sich vorgestellt hatte.

Inzwischen war Robin Sayeed gefolgt. Als Aseem dazukam, platzte er in einen handfesten Streit. Robin versuchte herauszubekommen, was eigentlich vorgefallen war und redete sich dabei immer mehr in Rage, weil er Sayeeds Gesten einfach nicht verstand. Zwangsläufig war es ein sehr einseitiges Gespräch, bei dem er allein redete und schließlich nur noch brüllte.

Als Robin Aseem bemerkte, verstummte er. Hilflos warf er die Arme in die Luft und wandte sich dem Mauren mit beistandheischendem Blick zu. „Ich verstehe es einfach nicht“, rief er aus, „warum, um Gottes Willen, musste sie sich gerade Will Scarlet aussuchen?“

Aseem legte ihm begütigend die Hand auf die Schulter. Ein schneller Blick an Robin vorbei zeigte ihm, wie Sayeed im Wald verschwand. „Robin“, sagte er ruhig, „ich verstehe, wie du dich fühlst.“

Robin sah ihn erstaunt an.

Im Herzen bist du ein klein wenig eifersüchtig auf diesen Hitzkopf, nicht wahr?“, fuhr Aseem fort. „Du fragst, wieso er, und meinst, wieso nicht du.“

Robin blickte seinen Freund stumm an. Aseem hatte Recht, erkannte er, aber er war nicht bereit, das auch zuzugeben. Aseem blickte ihn ernst an, leise sagte er: „Und ich muss gestehen, dass ich genauso empfinde.“

Robin wusste nicht, was er darauf sagen sollte. So lächelte er Aseem erst einmal versuchsweise zu und klopfte ihm auf die Schulter. Aseem lächelte etwas gezwungen zurück.

Zurück an die Arbeit“, meinte Robin betont munter, „ich habe noch viel vor heute!“


Weiter: Teil 18 – Robin undercover