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Robin Hood - König der Diebe

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Teil 2 – Englischer Mut

Aufflackernder Feuerschein lenkte ihn ab, als einer der Gehilfen des Inquisitors eine glühende Stahlklinge aus dem Feuerbecken herauszog. Der Mann spuckte auf die Klinge und sah geistesabwesend zu, wie der Speichel auf ihr verzischte und die Tröpfchen auf dem heißen Metall tanzten. Der Inquisitor hatte zwei Gehilfen, beide waren klein und gedrungen, muskulöse Männer mit runden Gesichtern und kalten, grausamen Augen.

Der am Feuer schob die glühende Klinge wieder zurück in die Glut und grinste den zusehenden Gefangenen breit zu. Er betrachtete sie gemächlich der Reihe nach. Robin musste sich beherrschen, um dem Blick des Mannes, der kurz an ihm hängenblieb, nicht angstvoll auszuweichen. Schließlich deutete der Scherge kurz auf einen knochendürren, rattengesichtigen Gefangenen ganz hinten auf der anderen Seite, zu dem der andere Gehilfe daraufhin ohne Eile ging, sein Handeisen aufschloss und ihn mit sich zerrte. Der Araber schrie, kreischte und stammelte, während er von dem Wärter ungerührt zu dem massiven Holzblock in der Mitte des Raumes geschleppt wurde. Robin starrte auf den Block, der von vertrockneten Blutflecken übersät war, und schluckte trocken. Zahllose Menschen hatten dort schon eine Hand verloren, einen Fuß oder auch den Kopf selbst. Und es waren Freunde von ihm darunter gewesen.

Der Inquisitor sah träge zu, wie seine beiden Gehilfen dem Gefangenen ein Seil um das Handgelenk banden und ihm den Arm über den Block zogen. Der Gefangene schrie, kreischte ohne Unterlass und versuchte vergeblich, sich den kräftigen Händen der Schergen zu entwinden. Dann deutete er plötzlich hinter sich auf die anderen Gefangenen. Der Inquisitor drehte sich ein wenig herum, um seiner Geste zu folgen. Robin spürte einen schmerzhaften Stich im Herzen, als er dessen kalten Blick auf sich und Peter fallen sah.

Wenn man ihn genau ansah, war der Inquisitor noch größer, als er ihn in Erinnerung hatte. Und noch weitaus furchteinflößender. Er mochte gut über sechs Fuß groß sein und trug selbst in dieser Hitze einen Harnisch mit Kettenhemd und einen Sarazenenhelm. Und er bewegte sich mit dieser trägen, gelassenen Arroganz, die sich aus dem Bewusstsein totaler Macht speist. In diesem Gelass hier war sein Wort Gesetz, und die Gefangenen lebten und starben allein nach seinem Gutdünken. Er hatte ein finsteres und wildes Gesicht, und in seinen Augen war etwas, das Robin schaudern ließ. Sie waren von erbarmungsloser Kälte - die Augen eines Mannes, dem Gnade und Mitleid völlig fremd waren. Dieser Mann war imstande, die schrecklichsten Dinge zu tun, wenn er sie als notwendig ansah, ohne seine eigenen Anordnungen jemals in Frage zu stellen.

Sein Blick schweifte langsam von einem zum anderen und wieder zurück. Als er schließlich sprach, war seine Stimme flach und emotionslos. „Er sagt, du hast sein Brot gestohlen.“

Das ist eine Lüge“, brauste Peter hastig auf. Er hatte seine ganze Verachtung in den Satz legen wollen, brachte aber nur ein zittriges Krächzen zustande. „Ich habe ihn erwischt, wie er dabei war, unser Brot zu stehlen, und ihn gezwungen, es zurückzugeben. So war es.“

Der rattengesichtige Gefangene hinter dem Inquisitor gab einen neuen Schwall Bitten und Beschuldigungen von sich, doch der Inquisitor gebot ihm mit wenigen scharfen Worten Schweigen, ohne seinen Blick von Peter zu lassen. Nach einer langen Pause wandte er sich gemächlich ab und nickte seinen Gehilfen zu.

Hackt dem Ungläubigen die Hand ab“, sagte er ruhig und ging zurück zu dem Holzblock. Einer der Gehilfen kam zu Peter, um dessen Eisen aufzuschließen. Der Scherge warf die Ketten zur Seite und zerrte Peter hoch. Peter schwankte auf seinen ausgezehrten, zitternden Beinen und starrte den Inquisitor dumpf an. Er war so schwach, dass er kaum allein gehen konnte, aber trotzdem versuchte er sich nach Kräften zu wehren, als der Gehilfe ihn vor dem Holzblock auf die Knie zwang und seinen bloßen Arm darüber zog.

Nein!“ stieß Robin heftig hervor, und noch war genug Nachdruck in seiner Stimme, um alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Inquisitor schaute ihn verwundert an. Robin holte tief Luft und starrte zurück. „Lasst ihn frei. Ich habe das Brot genommen.“

Das ist nicht wahr!“ stöhnte Peter und wand sich erneut unter den Händen des Schergen, um zu Robin hinzusehen. „Du weißt genau, dass es nicht wahr ist.“

Robin lächelte ihn bitter an. „Die Wahrheit interessiert diese Leute doch gar nicht. Du bist zu schwach, Peter. Ich kann nicht zulassen, dass sie dich verletzen. Du würdest es nicht überleben.“

Der Inquisitor musterte sie beide lange, dann nickte er langsam. „Wie edelmütig. Aber wie du willst, Ungläubiger.“ Er wandte sich an seine Gehilfen. „Hackt ihm ebenfalls die Hand ab.“

Einer der Gehilfen kam nun zu Robin und schloss dessen Eisen auf. Aufgescheuerte weiße Haut kam zum Vorschein. Der Gehilfe zerrte ihn hoch, doch Robin stieß ihn von sich und ging allein und aufrecht hinüber zu dem Holzblock, kniete ohne Hast nieder und legte seinen Arm darüber. Er blickte kalt zu dem Inquisitor empor. Einer der Gehilfen schlang ihm die Schnur um das Handgelenk und zog sie fest, während der Inquisitor ihn bei den Schultern fasste. Robin schüttelte seinen Griff mit einer verächtlichen Gebärde ab und biss die Zähne zusammen. Der Inquisitor beobachtete ihn leidenschaftslos, als sein Gehilfe den rotglühenden Krummsäbel langsam und bedrohlich hob. Robin ließ seine Augen von der Klinge weg nach oben zu dem Gesicht des Mannes wandern, um sein Gegenüber plötzlich zähnefletschend anzulächeln. In seinem Lächeln lag nicht die geringste Spur von Humor.

Das ist englischer Mut“, sagte er leise und drohend.

Der Gehilfe hob den Säbel und ließ ihn herabsausen. Doch Robin hatte sich bereits zur Seite und nach hinten geworfen und den Mann auf der anderen Seite des Blocks, der seinen Arm hielt, mit sich gezogen. Dieser schrie kreischend auf, als ihm der glühende Säbel in die Schulter fuhr. Der Gestank verschmorenden Fleisches erfüllte die Luft. Der Gehilfe kippte schreiend zur Seite, riss die Klinge des Säbels mit sich. Robin hatte seinen Arm befreit, stieß den anderen Schergen, der nach ihm griff, mit dem Ellbogen heftig von sich und hieb im Hochspringen dem Inquisitor die Faust in die Kehle. Der Koloss taumelte hustend und keuchend rückwärts, und da hatte ihn Peter bereits von hinten im Würgegriff.

Robin hechtete nach vorn, schnappte sich den Krummsäbel, den der Scherge fallen gelassen hatte, und wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um den Mann mit ausgestreckten Armen wieder auf sich zuspringen zu sehen. Ein Ausfallschritt Robins nach vorne - und der Scherge hatte sich selbst an der noch immer glühendheißen Klinge aufgespießt. Robin zog sie heraus, und der Gehilfe sank schlaff zu Boden. Der andere wand sich in Schmerzen hinter dem Richtblock und suchte nach dem Messer in seinem Gürtel. Robin war sofort bei ihm und schlug wieder mit dem Säbel zu. Der Mann regte sich nicht mehr.

Der Inquisitor stolperte rückwärts und versuchte sich aus Peters Würgegriff, der ihm kaum noch Luft ließ, zu befreien. In seinem geschwächten Zustand war Peter ihm eigentlich weit unterlegen, doch sein Hass und die unerwartete Gelegenheit zur Rache verliehen ihm ungeahnte Kräfte. Dem Inquisitor trieb es, während er immer heftiger nach Luft rang, die Augen heraus, doch seinen klaren Verstand besaß er nach wie vor. Er sah, wie nahe sie dem Feuerbecken waren und warf sich nach hinten, um Peter in die Glut zu stoßen.

Peter sah hinter sich und warf sich im letzten Moment herum. Jetzt Auge in Auge mit dem Inquisitor, stieß er ihn zurück, so dass er nun selbst in das glühende Becken stürzte. Mit gellenden Schreien versuchte der Mann, sich aus der Glut zu hieven, aber Peter hielt ihn mit eisernem Griff fest. Schließlich verklangen die Schreie. „Das ist für meine fünf Jahre Hölle, du Bastard“, sagte Peter ganz ruhig.

Hastig wandte sich Robin ihren Gefährten zu und hieb mit dem Krummschwert auf die Ketten ein, mit denen sie gefesselt waren. Aber außer Funken löste sich nichts. Peter eilte ihn zu Hilfe. Die anderen Gefangenen schrien und bettelten ebenfalls um Befreiung. Robin und Peter zerrten frustriert an den Eisen, aber sie gaben nicht nach.

Plötzlich fuhr Robin mitten in der Bewegung herum. Jemand hatte eine Warnung ausgestoßen. Vor ihm stand ein arabischer Wächter und schwang eine große Axt in weitem Bogen gegen ihn. Robin konnte sich gerade noch ducken, sonst wäre ihm der Kopf zerschmettert worden. Der Wächter gewann rasch seine Balance zurück und holte zu einem neuen Hieb aus. Robin parierte ihn mit einem Ausfall seines Krummsäbels und schlug dann seitwärts mit aller Macht zu. Der Säbel fuhr glatt durch den Axtgriff, und die Heftigkeit des Schlags entriss dem Wächter die beiden Stücke der Axt. Er starrte einfältig auf seine plötzlich leeren Hände, aber da hatte Robin ihn bereits durchbohrt. Er blickte hinab auf den Toten vor sich. Hatte ein Wächter den Aufruhr hier wahrgenommen, dann ebenso auch andere, die zweifellos bereits auf dem Weg waren.

Er blickte zu dem Gefangenen, der ihm die Warnung zugerufen und damit das Leben gerettet hatte. Es war der Maure, mit dem er vorhin Blicke getauscht hatte. Seine dunkle Haut war mit verschlungenen Tätowierungen bedeckt. Selbst sein Gesicht war tätowiert. Er strahlte eine selbstsichere Stärke aus, die nicht allein auf seine körperliche Kraft zurückzuführen war.

Robin ging zu ihm hinüber und musterte ihn. „Du sprichst Englisch“, sagte er schließlich.

Sogar das des Königs.“ Der Maure hatte eine tiefe, volltönende Stimme. Sie war fest und klar, und er sprach fast ohne Akzent. „Nimm mir die Fesseln ab.“

Robin zog die Brauen hoch, aber der Maure hielt seinem Blick gelassen stand. „Du kannst deine Freunde nicht retten“, sagte er ruhig. Sein Blick wanderte von den Eisenketten der anderen Gefangenen zu den Stricken, mit denen er gefesselt war. Robin zögerte, alles zog ihn zu den Kampfgefährten. Er wollte sich abwenden, als der Maure wieder sprach. „So habe doch ein Einsehen, Engländer“, sagte er. „Ich bin zum Tode verurteilt.“

Sei auf der Hut, glaub’ ihm kein Wort!“ sagte Peter scharf. Mühsam schleppte er sich an Robins Seite. „Er ist ein Heide! Einer von dieser gottlosen Brut, die uns all die Jahre hier eingekerkert hat.“

Er hat mir das Leben gerettet“, sagte Robin.

Peter wischte das mit einer knappen Geste beiseite. „Aber doch nur, um seine eigene Haut zu retten.“

Dann aber fuhren sie alle zur Tür herum. Draußen näherten sich Schritte und Stimmen. Und sie kamen eindeutig in ihre Richtung.

Robin schlug die Tür zu und sah sich nach etwas um, womit er sie verbarrikadieren konnte. Der Maure kräuselte die Lippen. „Binde mich los und ich zeige dir einen Weg hinaus.“

Und warum sollten wir dir vertrauen?“ fragte Robin misstrauisch.

Weil du ein toter Mann bist, wenn du es nicht tust.“

Robin wog blitzschnell alle Möglichkeiten ab. Der Maure hatte Recht. Sie hatten keine Chance, die angeketteten Gefangenen zu befreien. Aber sie konnten wenigstens ihr eigenes Leben retten. Er sah Peter an. „Da hat er nicht Unrecht.“

Die Schritte kamen näher. Die Tür wurde aufgestoßen, und ein weiterer Wächter stürmte herein. Robin streckte ihn mit einem einzigen wohlgezielten Hieb nieder und lächelte dem Mauren zu.

Wie ich sagte: gar nicht so unrecht. Moment.“ Er schnitt ihm die Fesseln durch. Dann richtete er sich auf und lauschte. Weitere Schritte waren zu hören – noch mehr Wachen auf dem Weg zu ihnen. „Sie sind jede Sekunde da. Jetzt zeige uns den Weg hinaus, Freund.“


Weiter: Teil 3 – Die Flucht