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Teil 22 – Wunden heilen


Sayeed tauchte rasch in den Wald ein. Will war leicht zu finden. Ganz in der Nähe versuchte er mit zusammengebissenen Zähnen, sich den Pfeil aus der Hand zu ziehen. Aber vor lauter Schmerzen tränten ihm die Augen so sehr, dass er fast blind war. Er bemerkte sie nicht, bis sie ihm die Hand auf den Arm legte.

Erschrocken fuhr er hoch, die heftige Bewegung trieb ihm wieder Tränen in die Augen. Trotzdem wollte er sich mit einem Ruck losreißen, doch Sayeed hielt ihn fest. Will fuhr wie eine gereizte Natter zu ihr herum. Durch die verkrampften Kiefer zischte er: „Was willst du noch? Lass mich in Ruhe!“

Sie legte nur einen Finger auf ihre Lippen. Widerwillig schaute Will ihr in die Augen. Er sah Schmerz und noch etwas anderes, dem er sich nicht entziehen konnte. Sie sorgte sich um ihn, erkannte er überrascht.

Entschlossen drückte sie ihn auf die Moospolster am Fuß des uralten Baumes, vor dem er stand. Und Will leistete keinen Widerstand mehr. Sie selbst ließ sich an seiner Seite auf die Knie nieder. Vorsichtig berührte sie den Pfeil, doch schon das ließ Will vor Schmerz aufstöhnen, obwohl er es zu unterdrücken versuchte. Sie schaute ihn entschuldigend an und legte ihm kurz die Hand auf die Wange, dann teilte sie ein gutes Stück von ihrem Untergewand ab, das sie in Streifen riss. Als nächstes hielt sie Will ein Stück Holz hin.

Will schluckte; Schweiß trat ihm auf die Stirn, als ihm aufging, was sie vorhatte. Er nahm das Holz, biss fest darauf und versuchte sich auf das vorzubereiten, was folgen würde.

Sayeed sah ihn nur für einen Moment an, dann brach sie blitzschnell das Ende des Pfeils ab und stieß den Rest durch Wills Hand. Fast besinnungslos sank er gegen sie. Sayeed legte sanft den Arm um ihn und hielt ihn fest. Behutsam nahm sie Will das Beißholz aus dem Mund und wischte ihm Schweiß und Tränen aus dem Gesicht. Schließlich lehnte sie ihn vorsichtig an den Stamm hinter ihm.

Noch benommen öffnete Will die Augen. Er sah ihr zu, wie sie sorgfältig die Wunde säuberte und dann seine Hand verband, aber er spürte keinen Schmerz. Irgendwie schien das alles nicht ihm, sondern einem anderen zu passieren. Schließlich hielt sie ihm das vollendete Werk vor Augen. Er betrachtete seine Hand wie etwas Fremdes.

Sayeed spürte, dass Will noch unter Schock stand. Er wirkte geistesabwesend, wie betäubt. Sanft legte sie die Hände um sein Gesicht. Wills Augen richteten sich auf sie. Aber sie waren immer noch wie verschleiert.

Als er sie ansah, schienen die grünen Augen vor ihm sein ganzes Blickfeld auszufüllen. Fasziniert versank er in dem goldenen Flimmern. Er hatte sie noch nie so deutlich gesehen. In der Nacht, in der sie miteinander geschlafen hatten, war es zu dunkel gewesen und er zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Und danach war er ihr nie mehr so nahe gewesen.

Ganz allmählich konnte er wieder klar denken. Jetzt fühlte er auch ihre Hände auf seinen Wangen. Und es fühlte sich gut an, sehr gut, dachte er. Ein Lächeln stahl sich in sein Gesicht. Sayeed musterte ihn einen Moment forschend, dann gab sie ihm einen raschen, vorsichtigen Kuss. Er fühlte sich an wie eine Frage. Will starrte sie überrascht an.

Ihr Blick veränderte sich. Will sah Enttäuschung, Traurigkeit. Offenbar war seine Reaktion nicht das, was sie erwartet hatte. Abrupt stand sie auf und half ihm, sich ebenfalls zu erheben. Danach wandte sie sich um. Furcht überfiel Will. Sie durfte jetzt nicht einfach so davongehen. Hastig legte er ihr die Hand auf die Schulter und hielt sie fest. „Sayeed“, sagte er leise.

Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht um.

Ich danke dir“, sprach er weiter, bevor ihn der Mut wieder verließ. „Und ich möchte mich entschuldigen - für alles, was ich falsch gemacht habe.“

Jetzt wandte sie sich wieder ihm zu, in ihren Augen standen immer noch Zweifel. Und Will fiel plötzlich nicht mehr ein, was er hatte sagen wollen. Als er sie an den Schultern fassen wollte, wich sie zurück. „Bitte“, flüsterte Will heiser, „sag’ doch was. Irgendetwas. Vergib mir.“

Der Ausdruck ihrer Augen änderte sich. Nun zeigten sie Zuneigung, aber auch Ungeduld. Sayeed begann zu gestikulieren, doch er schüttelte nur ratlos den Kopf. Resignierend ließ sie die Hände sinken und schaute ihn an. Will erkannte Enttäuschung und aufsteigende Tränen. Verzweifelt schüttelte er den Kopf. „Ich verstehe nicht“, sagte er. Einen langen Moment sahen sie sich nur an.

Schließlich trat Sayeed dicht an ihn heran. Atemlos wartete er. Sie strich mit einer Hand kurz über seine Wange und lächelte ihn an, als wolle sie sich entschuldigen. Dann legte sie beide Hände an seine Schläfen.

Eine Welt aus Schmerz explodierte in Wills Kopf. Schneidender, glühender Schmerz, reißendes, versengtes Fleisch. Sein Körper verkrampfte sich, mit einem Keuchen warf er den Kopf zurück, die Verbindung zerriss. Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen, halb ohnmächtig sackte er zusammen.

Sayeed konnte seinen Sturz gerade noch abfangen, vorsichtig ließ sie sich mit ihm zu Boden sinken. Will zitterte unkontrolliert an ganzen Körper, gleichzeitig schwitzte er aus allen Poren. Sayeed hielt ihn in ihren Armen; mit einem Zipfel ihres Burnus’ wischte sie ihm das Gesicht ab und hielt ihn fest, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte.

Als Will sie ansah, war sein Blick klar, doch das Grauen über das gerade Erlebte spiegelte sich noch in seinen Augen. Sayeed strich ihm zärtlich das schweißnasse Haar aus der Stirn und küsste ihn sanft. Dann lächelte sie leicht und schob ihre Kleidung am Halsausschnitt ein wenig auseinander. Will sah die Narben, die sich hell von ihrer Haut abhoben, und erinnerte sich wieder an das, was er in der ersten Nacht auf ihrem Körper mehr gespürt als gesehen hatte.

Deshalb“, murmelte er. Sayeed nickte knapp. Langsam hob er die unverletzte Hand und strich ihr über die Wange. Sayeed lächelte und legte ihre Hand auf seine, hielt sie dort fest. Will versank erneut in ihren Augen. Sie brauchte auch nicht zu sprechen, dachte er und schwor sich lautlos, sie nie mehr zu verletzen.

Sayeed riss ihn aus seiner Versonnenheit, als sie sich zu ihm neigte und ihn voller Leidenschaft küsste. In Gedanken versunken wie er war, reagierte Will nicht. Was dazu führte, dass Sayeed den Kuss beendete, sich wieder aufrichtete und ihn mit leicht geneigtem Kopf fragend ansah. Jetzt war es Will, der sich zu ihr hochreckte und sie küsste. Sein Kuss war drängend, fordernd, hungrig, als wolle er ihr damit beweisen, dass er es ernst meinte. Wieso hatte er nur so lange damit gewartet, fragte er sich. Das hatte er doch die ganze Zeit gewollt. Wieso hatte er gezögert, sich gequält mit seiner Sehnsucht nach ihr? In diesem Moment verstand er sich selbst nicht mehr.

Doch Sayeed erwiderte den Kuss ebenso intensiv – und mehr. Mit den Händen fuhr sie unter sein Wams und zerrte ihm das Hemd aus der Hose. Will spürte ihre Finger über seinen Rücken streichen. Dadurch ermutigt versuchte er seinerseits, mit seinen Händen unter ihre Kleidung zu gelangen. Aber er hatte wesentlich mehr Schwierigkeiten damit. Ihre ungewohnte Tracht machte es ihm nicht einfach, zumal ihn seine verletzte und bandagierte Hand behinderte. Sayeed beendete den Kuss und lachte. Verwirrt sah Will sie an. Spielte sie etwa wieder nur mit ihm?

Aber ihre Augen strahlten ihn an und Will las in ihnen, dass sie einfach nur glücklich war. Plötzlich erkannte er, wie falsch er die ganze Zeit gelegen hatte. Er hätte sich viel Leid ersparen können, wäre er einfach seinen Gefühlen gefolgt, wurde ihm schmerzhaft bewusst.

Erleichtert erwiderte Will ihr Lachen und rief gespielt verzweifelt: „Verflucht, dein Gewand besteht aus entschieden zuviel Stoff. Hört das denn niemals auf?!“

Sayeed lachte nun laut auf und sah ihn schelmisch an. Ihre Hände griffen nach dem Gürtel mit dem Schwertgehänge um ihre Taille, um ihn zu öffnen. Doch dann hielt sie inne und hob den Kopf, als würde sie lauschen. Ihr Blick wanderte in die Ferne. Sie entzog sich ihm und stand auf, ihn dabei mitziehend. Irritiert ließ er es geschehen und wollte gerade fragen, was denn jetzt wieder los sei, als sie lächelnd einen Finger auf seine Lippen legte. Will sah sie fragend an. Ratlos verfolgte er, wie sie eine Hand hinter ihr Ohr legte, mit der anderen eine ausholende Geste in Richtung Lager machte und ihn auffordernd anschaute. Aber dann tat er wie ihm geheißen und spitzte die Ohren.

Und Will hörte vieles - die vertrauten Geräusche des Lagers, Stimmen, laut und deutlich. Er brauchte sich auch nicht anzustrengen, um zwischen den Stämmen hindurch die Hütten und die Menschen dort zu erkennen. Und dann wusste er auf einmal, was Sayeed störte.

Sie waren viel zu nah am Lager. Jeder, der auch nur ein kleines Stück in den Wald ginge, würde sie entdecken. Will sah Sayeed an und nickte. Sie nahm lächelnd seine Hand und zog ihn weiter in den Wald hinein. Will folgte ihr mehr als freiwillig. Er hatte in ihren Augen ein Versprechen gesehen und konnte es gar nicht erwarten, seine Erfüllung einzufordern.


Weiter: Teil 23 – Erste Erfolge