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Teil 25 – Auf der Jagd


An einem Tag Ende Oktober, als die Sonne nur wie eine fahle, niedrig hängende Scheibe am Himmel hing, waren Sayeed und Will einmal mehr im Wald von Sherwood unterwegs.

Adrenalin strömte heiß durch Wills Körper, die Aufregung ließ seine Augen glänzen und seinen Atem schneller gehen. Die Jagdleidenschaft hatte ihn gepackt, wie jedes Mal. Rasch warf er einen Blick zu der Frau an seiner Seite. Sayeed hatte das Gesicht noch nicht bedeckt, wie sie es gleich tun würde, wenn ihre Beute nah genug war, und so konnte er sie in aller Ruhe ansehen. Sie spürte seinen Blick und erwiderte ihn lächelnd. Ihre Augen leuchteten, ihre Lippen waren leicht geöffnet. Auch sie fühlte die Erregung der Jagd, genau wie er. Aufgeregt erwiderte er ihr Lächeln.

Er konnte das alles noch immer nicht richtig fassen. So lange war er allein gewesen, einsam, von den anderen isoliert. Selbst in der Gemeinschaft der Waldmänner war er ein Außenseiter. Aber so war es sein ganzes Leben lang gewesen, er kannte es nicht anders. Er hatte sich nur selten, in seinen dunkelsten Momenten, vorgestellt, wie es wäre, jemanden zu lieben. Unwillkürlich schaute er zu Boden. Nur einen einzigen Menschen hatte er bisher wirklich geliebt, seine Mutter. Aber das war etwas anderes. Meistens wünschte er sich nur, endlich allein zu sein, so weit fort von der Gesellschaft anderer wie nur möglich. Keine Nähe, keine Verletzungen.

Doch Sayeed hatte alles verändert. Sie hatte seine abweisende Art, die er sich schon längst aus Selbstschutz zugelegt hatte, und die bösen Worte, die so verletzend gemeint waren, nicht abgeschreckt. Ihr war es gelungen, seinen Panzer zu durchdringen. Und er wollte keinen Tag, keine Minute mehr ohne sie sein. Mit ihrem meist sanften, ruhigen, dann aber auch wieder wilden, ausgelassenen Wesen gab sie ihm Ruhe, lenkte ihn ab von seinen Grübeleien, milderte seine Launen.

Selbst sein Hass auf Locksley war vergessen, wenn sie zusammen waren - oder beherrschte sein Denken zumindest nicht so stark, wie er es sonst tat. Ihr zuliebe hielt er sich oftmals zurück, wenn sie im Lager waren, versuchte den Hass zu unterdrücken. Auch wenn er damit so seine Schwierigkeiten hatte. Manchmal brach es einfach aus ihm heraus. Doch wenn er dann den Schmerz in ihren Augen bemerkte, fühlte er sich sofort wie ein kleiner Junge, den die Mutter bei etwas Verwerflichem ertappt hatte. Dann schwor er sich jedes Mal, sie nicht wieder zu enttäuschen. Obwohl ihm das immer nur für kurze Zeit gelang. Doch sie verzieh ihm jedes einzelne Mal, zu seinem eigenen Erstaunen. Sie ließ ihn nicht im Stich.

Will blickte auf, als er eine Hand auf seinem Arm spürte. Er sah in Sayeeds Augen, die ihn fragend anschauten. Natürlich. Er konnte es sich nicht erklären, aber wie immer hatte sie gespürt, dass er Gefahr lief, in eine seiner düsteren Stimmungen abzurutschen. Will atmete tief ein, schüttelte kurz den Kopf und lächelte schon wieder. Dies war nicht die Zeit für trübe Gedanken. Ein Abenteuer wartete darauf, bestanden zu werden.

Das Wild, das sie jagten, war fast soweit gestellt zu werden. Sie hatten den Adeligen und seine vier Leibwächter kurz hinter dem Waldrand aufgespürt. Will war sofort der schwere Lederbeutel aufgefallen, den der Mann am Gürtel trug. Eine lohnende Beute. Seither folgten sie ihnen. Aber fünf Männer wagten sie nicht anzugreifen, schließlich waren sie nur zu zweit.

Doch sie verfügten über Mittel, diese Übermacht zu verringern. Ihre Methode, die Pferde bis zur Panik zu treiben, ohne selbst gesehen zu werden, zeigte Wirkung. Der Schrecken der Tiere hatte sich allmählich auch auf ihre Reiter übertragen. Inzwischen war es ihnen gelungen, zwei der Gefolgsleute auszuschalten. Jetzt warteten Sayeed und Will in ihrem Versteck darauf, dass die verbliebenen drei Männer herankamen.


Ständig in Alarmbereitschaft, ritt Baron Hardcastle in Begleitung seiner Männer durch den Wald. Seine Augen fuhren nervös von Schatten zu Schatten, und sein Herz raste bei jedem unerwarteten Geräusch. Nicht zum ersten Mal wünschte er, lieber eine andere Route genommen oder sich zumindest der Begleitung einer bewaffneten Eskorte zu seinem Schutz versichert zu haben, statt sich lediglich auf seine Leibwächter zu verlassen. Sie waren gute Männer, aber auch sie schreckten inzwischen bei jedem knackenden Ast und jedem raschelnden Blatt zusammen.

Mit vier seiner Gefolgsleute war er zu dieser Reise aufgebrochen, aber jetzt waren nur noch zwei bei ihm. Schon kurz nachdem sie in den Sherwood Forest hineingeritten waren, wurden die Pferde nervös, scheuten vor jedem sich bewegenden Blatt, verweigerten augenrollend den Weg, waren nur mit viel Mühe und roher Gewalt zum Weitergehen zu bewegen. Eines der Pferde stieg urplötzlich hoch, als ein dürrer Ast mit lautem Knacken unter seinem Huf zerbrach, und warf seinen Reiter ab, der nicht wieder aufstand. Eine hastige Untersuchung ergab, dass er sich das Genick gebrochen hatte.

Wenig später scheute das Pferd eines anderen und stob mit ihm in wilder Panik davon, immer weiter in den Wald hinein. Eine Zeitlang waren noch seine Rufe zu hören, immer schwächer, bis seine Stimme ganz verklang. Es schien, als habe der Wald selbst ihn verschlungen.

Und sie waren seither immer langsamer geworden. Der Baron schluckte schwer und wischte sich das schweißnasse Gesicht mit einem Tuch ab. Nervös versuchte er durch das Gebüsch am Wegesrand zu spähen. Aber das Unterholz war undurchdringlich, Licht und Schatten bildeten eine die Augen verwirrende Melange, in der sich keine Strukturen fassen ließen. Wenn auch nur die Hälfte all der Geschichten stimmte, die man sich von Robin Hood erzählte, dem sogar Dämonen zu Diensten waren...

Ach, er machte sich nur überflüssige Sorgen, sprach sich der Baron selbst Mut zu. All diese Märchen von den Geächteten im Sherwood Forest wurden doch nur von den Bauern erfunden, wenn sie sich abends in ihren schmutzigen Katen zusammendrängten. Jawohl, genauso war es. Er lächelte und überlegte sich bereits eine kleine Ansprache, die er nach seiner Ankunft halten konnte; darüber, wie er furchtlos den berüchtigten Sherwood Forest durchquert hatte, wie er...

Plötzlich scheuten die Pferde wieder. Der Baron hatte alle Mühe, sich auf seinem Ross zu halten. „Was, zum Teufel ...“, brummte er, als er das Tier halbwegs wieder unter Kontrolle hatte.

Da unterbrach ihn eine gutgelaunte Stimme. „Ein heißer Tag heute, my Lord. Viel zu warm, um Euer Pferd mit einem so schweren Beutel zu belasten.“

Ein junger Bursche in einem Hemd, das wahrscheinlich einmal leuchtend rot gewesen war, unter einem aufwendig bestickten Wams stand vor ihm mitten auf dem Weg und grinste ihn frech an. Mit der Spitze seines Schwertes wies er auf den Baron und macht eine bedeutungsvolle Geste in Richtung der prall gefüllten Geldbörse an dessen Gürtel.

Verächtlich schnaubte der Baron. Von diesem Bürschlein würde er sich bestimmt nicht ausrauben lassen. Was bildete der sich eigentlich ein! Stand da allein und wedelte mit seinem Schwert, als sei er unbesiegbar. Dem würde er erstmal Respekt beibringen!

Mit hoch aufflammender Wut rief der Baron: „Der Sheriff wird davon erfahren!“ und wollte seinem Pferd die Sporen geben, um diesen herablassenden Wicht einfach niederzureiten, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Gleichzeitig sagte der Jüngling drohend: „Das würde ich nicht versuchen!“ Wie zur Unterstreichung seiner Worte zischte mit einem unheimlichen Heulen ein Pfeil an Hardcastles Ohr vorbei.

Erschreckt zügelte der Baron brutal sein Pferd und starrte mit offenem Mund auf das, was plötzlich neben dem Burschen aufgetaucht war. Er traute seinen Augen nicht. Eine schwarze Gestalt stand dort, schon wieder einen Pfeil auf der Sehne, ganz verhüllt, so dass man nur die funkelnden Augen erkennen konnte, die grün zu leuchten schienen. Selbst sein Bogen war schwarz. Also waren die Geschichten doch wahr. Die Geächteten hatten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen!

Die Pferde scheuten schon wieder, trampelten nervös und versuchten zurückzuweichen. Er und seine Männer hatten alle Hände voll zu tun, sie im Zaum zu halten. Der Bursche in dem roten Hemd sah ihn indessen an, als habe er ein aufsässiges Kind vor sich. „Aber, aber“, sagte er vorwurfsvoll, „Ihr wolltet doch nichts Unüberlegtes tun, nicht wahr?“

Automatisch fuhr die Hand des Barons an den Griff seines Schwertes, aber eine knappe Bewegung des Dämons mit dem Bogen ließ ihn abrupt erstarren. Er sah sich hilfesuchend zu seinen beiden Leibwächtern um, doch die hatten bereits die Hände erhoben als Zeichen ihrer Kapitulation.

Sich in sein Schicksal fügend, löste er seufzend die Börse vom Gürtel und warf sie dem Geächteten zu. Der fing sie geschickt auf und sagte grinsend: „Vielen Dank für die edle Spende, Sire!“ Dabei verbeugte er sich auch noch spöttisch. „Und nun begebt Euch hinaus aus unserem Wald“, fügte er drohend hinzu, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, „Ihr seid hier nicht erwünscht.“ Er und der Dämon traten auf die drei Männer zu; hastig wendeten diese ihre Pferde und gaben ihnen die Sporen.

Der Geächtete versetzte Hardcastles Ross noch einen Schlag mit der flachen Seite der Schwertklinge auf die Kruppe, so dass dieses einen erschreckten Satz machte, und rief dem davonstiebenden Baron spöttisch hinterher: „Denkt daran, dem Sheriff von uns zu erzählen!“ Dann fing er lauthals an zu lachen.

Die drei Männer galoppierten davon, als sei der Teufel persönlich hinter ihnen her. Das schallende Gelächter hallte ihnen noch lange in den Ohren.


Erst als die Männer nicht mehr zu sehen waren und die Geräusche der davongaloppierenden Pferde verklangen, wandte Will sich um. Er grinste Sayeed an, immer noch vom Gefühl des Erfolges überwältigt. Das Blut rauschte ihm wild durch die Adern. Sayeed hatte den Schleier wieder zurückgeschlagen, sie erwiderte sein Grinsen mit vor Vergnügen blitzenden Augen.

Sie hatten drei schwer bewaffnete Männer in die Flucht geschlagen und - er schaute rasch in den Beutel - ein kleines Vermögen erbeutet. Triumphierend zeigte er Sayeed den Inhalt, die Börse enthielt lauter Goldmünzen. Sie sah ihn lachend an, ihre Augen strahlten. Aufgeregt umarmte Will sie und küsste sie leidenschaftlich, der Beutel fiel unbeachtet zu Boden, so dass die Münzen herauskullerten und sich auf dem Waldboden verteilten. Dann gingen seine Lippen und Hände auf Wanderschaft. „Das müssen wir feiern. Lass uns ein ruhiges Plätzchen suchen“, murmelte er zwischen seinen Küssen.

Eine Zeitlang ließ Sayeed ihn gewähren, doch als er immer fordernder wurde, drückte sie ihn von sich weg, schüttelte energisch den Kopf und fing an zu gestikulieren. Widerstrebend nickte Will. Natürlich, sie mussten sich zuerst um den verbliebenen Leibwächter kümmern. Sie konnten nicht riskieren, dass er durch reinen Zufall auf das Lager der Geächteten stieß - wenn er denn noch lebte. „Aber dann...“, sagte er vielsagend zu Sayeed und griff nach ihrer Hand. Sie nickte lächelnd und küsste ihn, dann sammelten sie rasch die Münzen ein und machten sich auf den Weg.


Weiter: Teil 26 – Niederlagen und Intrigen