TORCHWOOD

 

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Torchwood 2-03: Bis zum letzten Mann

IM ST. TEILOS MILITÄRKRANKENHAUS, 1918

Ein Mann und eine Frau gehen durch einen Korridor. Die Frau ist weit voraus, sie läuft schon die Treppen herunter, während er noch oben auf dem Absatz steht.

GERALD: Nicht so schnell. Hast du damit etwas reinbekommen?

Die Frau schaut auf das Gerät, das sie in der Hand hält.

HARRIET: Warte mal. Ja, folge mir, Gerald.

Sie geht weiter, Gerald folgt ihr. Kurz darauf bleiben sie wieder stehen.

GERALD: Und?
HARRIET: Wir sind ganz nah. Hier entlang.
GERALD: (hält sie zurück, eine Tür klappt) Schhh. (eine Krankenschwester erscheint, als sie sieht, lässt sie die Handtücher fallen, die sie trägt.) Nicht erschrecken.
KRANKENSCHWESTER: Ich dachte schon, Sie wären Geister. Sie hätten mich fast zu Tode erschreckt.

Sie bückt sich, um die Handtücher wieder aufzusammeln. Gerald kniet sich hin um ihr zu helfen.

GERALD: Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie wüssten inzwischen, dass wir hier herumschleichen.
HARRIET: Haben Sie kürzlich welche gesehen? Geister, meine ich.
KRANKENSCHWESTER: Heute schon drei. Es wird schlimmer.
GERALD: Gut. Sie sind ein tapferes Mädchen.
KRANKENSCHWESTER: Danke, Sir.
HARRIET: (räuspert sich) Wo haben Sie sie gesehen?
KRANKENSCHWESTER: Auf der Station.

Harriet und Gerald gehen mit der Schwester durch einen voll belegten Krankensaal.

KRANKENSCHWESTER: Bedenken Sie, die Hälfte von ihnen sieht irgendwelche Dinge.
GERALD: Den Verstand in Stücke geschossen. Arme Kerle.

Sie bleiben an einem Bett stehen. Ein junger Mann liegt darin, schlafend.

KRANKENSCHWESTER: (bedauernd) Sobald es ihnen besser geht, werden sie zurück an die Front geschickt.
HARRIET: (bitter) Befehl von Field Marshal Haig. „Jede Stellung muss bis zum letzten Mann verteidigt werden. Jeder von uns muss bis zum Ende kämpfen." Wann immer das ist.

Plötzlich lässt ein rumpelndes Geräusch sie aufblicken. Der junge Mann erwacht. Alarmiert sehen Harriet und Gerald sich an. Harriet schaut auf ihr Gerät.

HARRIET: Gerald.
GERALD: Los, komm.

Sie eilen durch den Saal und einen Korridor in einen Abstellraum.

HARRIET: Wir sind genau davor!

Ein blendend helles Licht scheint auf und die beiden kneifen ihre Augen reflexartig zusammen. Ein Riss öffnet sich. Man sieht erst schemenhaft, dann deutlich zwei Personen auf der anderen Seite. Ein junger Mann sitzt mit vor Entsetzen verzerrtem Gesicht und angezogenen Beinen auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt. Es ist der Soldat, an dessen Bett sie gerade standen. Neben ihm kauert Julie, sie hält ihn in den Armen. Beide schauen Gerald und Harriet an. Die sehen vor allem Julie mit verblüfftem Gesichtsausdruck an und tauschen einen kurzen Blick. Dann öffnet Gerald den Mund, als wolle er etwas sagen. Aber auf ein kurzes Kopfschütteln und einen abweisenden Blick von Julie scheint er es sich zu überlegen und sagt etwas anderes.

GERALD: Hallo?
JULIE: (zu Tommy) Sag’ es ihnen.
GERALD: Was soll er uns sagen?
JULIE: (zu Tommy) Sag ihnen, was zu tun ist. Du bist der einzige, der es stoppen kann. Wenn du es nicht tust, ist das das Ende. Das Ende von Allem! Tommy!

Tommy springt auf und kommt an den Riss. Er trägt einen gestreiften Schlafanzug, darüber eine Militärjacke.

TOMMY: (beschwörend) Holen Sie mich. Ich bin dort in dem Saal, im Jahr 1918. Sie müssen mich mitnehmen, damit ich hier sein kann. Bitte, nehmen Sie mich mit!

Ohne ein Wort drehen Gerald und Harriet sich um und eilen in den Krankensaal zurück. An Tommys Bett bleiben sie stehen. Tommy hat hier ebenfalls einen gestreiften krankenhauseigenen Schlafanzug an und schaut verblüfft zu ihnen auf.

GERALD: Tommy, ich denke, Sie sollten besser mit uns kommen.
TOMMY: Warum?
GERALD: Keine Angst. Ich heiße Gerald und dies hier ist Harriet. Wir werden uns um Sie kümmern.
TOMMY: Wer sind sie?
GERALD: Wir sind Torchwood.

IN DER TORCHWOOD-BASIS, GEGENWART, NACHTS

Jack sitzt in seinem Büro, er scheint auf etwas zu warten. Der kleine mechanische Kalender rutscht klickend auf ein neues Datum: Freitag, der 20. Juni 2008, 00:00 Uhr. Jack blickt kurz darauf, dann schaut er zur Tür. Julie steht dort, mit ihrem Rucksack. Jack steht auf. Sie kommt herein, nimmt dabei den Rucksack ab und stellt ihn ab. Wortlos umarmen die beiden sich. Dann setzt sich Jack wieder an den Schreibtisch und Julie in den Stuhl davor. Sie schaut auf den Kalender und lächelt. Dann sieht sie Jack an und wird wieder ernst. Jack beugt sich vor und stützt die Arme auf den Schreibtisch.

JACK: Und?
JULIE: Ich habe in London keine Spur einer Schläferzelle gefunden. Entweder waren die Aufzeichnungen der Zelle hier falsch oder sie wurde ausgelöscht. In den Aufzeichnungen von Torchwood London finden sich allerdings Hinweise auf eine große Explosion vor ein paar Jahren, bei der angeblich ein Meteor in ein Fabrikgebäude gestürzt ist. In Wirklichkeit war es ein getarntes Raumschiff, aber durch die Explosion konnten keine Beweise gesichert werden, es ist alles in dem Feuer verglüht. Ich vermute, das waren unsere Schläfer.
JACK: (skeptisch) Sollte es so sein, haben wir verdammtes Glück gehabt.
JULIE: Das schon. Aber so war es mir auch unmöglich herauszufinden, wo die anderen Zellen sein könnten. (Sie beugt sich vor und sieht ihn eindringlich an) Du glaubst doch nicht etwa, dass sie nur zwei Zellen hier in Großbritannien eingerichtet haben?

Jack schüttelt langsam den Kopf.

JACK: Nein, das ist äußerst unwahrscheinlich. Aber wir können nichts weiter tun als unsere Informationen weiter zu geben. Jedenfalls im Moment nicht.

Julie nickt und fährt sich mit der Hand über die Augen. Sie sieht müde aus. Dann schaut sie Jack an und lächelt strahlend.

JULIE: Es ist der zwanzigste Juni. Ich werde noch ein paar Stunden schlafen und mich dann mal schick machen.

Sie steht auf und will gehen.

JACK: (grinsend) Etwas Wasser und Seife könnten auch nicht schaden.

Julie dreht sich zu ihm um und macht eine Geste, als wolle sie ihn schlagen, aber auch sie grinst. Dann streckt sie ihm die Zunge heraus und geht.

IN DER TORCHWOOD-BASIS, AM NÄCHSTEN MORGEN

Ianto und Gwen unterhalten sich mit Jack in seinem Büro. Der kleine Kalender zeigt immer noch Freitag, den 20., aber 09:00 Uhr morgens.

GWEN: Und wer ist er?
JACK: Thomas Reginald Brockless.
IANTO: Tommy.
JACK: 24 Jahre alt.
IANTO: Irgendwie.
GWEN: (lächelnd) Was denn nun, entweder ist er 24 oder er ist es nicht.
IANTO: Kommt drauf an, wie du es siehst.
GWEN: Also, wann wurde er geboren?
JACK: 1894.

Jack geht in die Haupthalle, Ianto folgt ihm. Gwen lächelt noch einen Moment, dann verblasst ihr Lächeln und sie wechselt zu einem Ausdruck völliger Verblüffung, als ihr klar wird, was Jack gerade gesagt hat. Owen werkelt an seinem Schreibtisch herum. Toshiko arbeitet an ihrem Computer.

JACK: Owen, fertig?
OWEN: Ja, fast. (Dann sieht er Julie hereinkommen) Ist das tatsächlich ein Kleid, Julie?

Gwen schaut Julie verblüfft an.

JULIE: (ironisch) Sieht so aus, nicht wahr, Owen?
TOSH: (entschuldigend) Es steht dir sehr gut. Du solltest viel öfter Kleider tragen, Julie.
JULIE: Danke, Tosh.

Sie lächelt und streicht mit der Hand über ihre Hüfte. Aber man sieht ihr an, dass sie sich nicht recht wohl fühlt in dem Kleid.

GWEN: Ich habe dich noch nie in einem Kleid gesehen, Julie.
JULIE: Nun, heute ist auch ein besonderer Tag.

Sie lächelt versonnen, Gwen sieht sie fragend an. Aber Julie hat sich schon umgedreht und geht in Richtung Korridor. Dabei hakt sie sich bei Jack ein, der lächelnd an der Tür auf sie gewartet hat. Ianto, der daneben steht, sieht sie nachdenklich an.

GWEN: (aufgesetzt fröhlich) Nun, wo ist er?

Jack dreht kurz den Kopf zu ihr.

JACK: In der Kryokammer.

In der Kryokammer gehen Jack und Julie zielstrebig zu einem der Fächer in der Stirnwand. Jack öffnet das Fach und zieht den Behälter heraus.

JACK: Er ist hier seit 90 Jahren, länger als irgendjemand von uns. Jedenfalls länger als jeder von euch.
JULIE: Torchwood benutzt außerirdische Kryotechnik seit viktorianischer Zeit. Tommy haben sie 1918 eingefroren.
JACK: Also ist er entweder 24 oder 114 Jahre alt. Ich wüsste, was ich mir aussuchen würde.

Im Sichtfenster des Behältnisses wird das Gesicht des jungen Soldaten sichtbar, den Gerald und Harriet 1918 aus dem Krankenhaus geholt haben.
Etwas später liegt der Körper des jungen Mannes auf dem Seziertisch im Autopsieraum. Er ist schon aufgetaut, aber noch leblos, wie der Überwachungsmonitor zeigt, an den er angeschlossen ist.

OWEN: Wir müssen ihn ungefähr alle zwölf Monate einmal aufwecken. Nun, ihn auftauen. Nur für einen Tag, dann kommt er zurück in den Gefrierschrank.
GWEN: Warum?
IANTO: Um sicher zu stellen, dass er noch funktioniert.
JACK: Eines Tages werden wir ihn benötigen.
OWEN: Also, alle bereit? (Er spritzt Tommy etwas, aber die Linie auf dem Monitor ändert sich nicht) Komm schon, Tommy. (Er wartet noch einen Augenblick, dann greift er nach dem Defibrilator. Er lädt die Kontaktgeräte auf.) 200, fertig! (Er setzt sie Tommy auf die Brust, die Entladung lässt seinen Körper hochzucken, keine Veränderung auf dem Monitor) 360, fertig! (Wieder die Entladung, diesmal fängt der Überwachungsmonitor an zu piepsen und zeigt Ausschläge.) Gwen, schnell. (Er reicht ihr die Geräte, als Tommy anfängt um sich zu schlagen und versucht ihn fest zu halten) Alles in Ordnung.

TOMMY: Geh weg von mir, lass’ mich!

Tommy schlägt in Panik so wild um sich, dass Owen einen Faustschlag abbekommt. Benommen stolpert er zurück und hält sich das Kinn. Julie greift ein. Sie fasst Tommy bei den Schultern, beugt sich über ihn und sieht ihn beschwörend an.

JULIE: Tommy!
TOMMY: Lass’ mich!
OWEN: Tommy!
JULIE: Tommy, hör’ mir zu! Tommy Brockless! Ich bin’s, Julie.
TOMMY: Julie.
JULIE: Du erinnerst dich?
OWEN: Es wird jedes Jahr schwieriger.
IANTO: Aber einen guten linken Haken hat er.
JULIE: Weißt du jetzt, wo du bist?

Tommy, schon ruhiger, blickt sich um.

TOMMY: Torchwood.
JULIE: Richtig.
TOMMY: Ist es wieder soweit? Verdammt!
JACK: Wie fühlst du dich?
TOMMY: (hustend) Ich könnte töten für eine Tasse Tee.

Alle grinsen. Julie schaut zu Ianto. Bittend zieht sie Augenbrauen hoch und lächelt ihn an. Erst reagiert Ianto nicht, aber dann bemerkt er doch, dass er gemeint ist. Er nickt kurz und macht sich dann auf den Weg.
Etwas später halten sich alle im Besprechungsraum auf. Ianto hat Essen und Getränke aufgetischt. Tommy setzt sich an den gedeckten Tisch, Julie setzt sich neben ihn.

IANTO: Gewöhnt euch nicht an das Sonntagsgeschirr.
TOMMY: Ich bin am Verhungern.
IANTO: Das ist nur für Besucher.

Tommy schaut die anderen an und macht eine einladende Geste.

TOMMY: Hier, bedient euch. Das ist genug, um eine Armee zu versorgen.
JACK: (aus dem Hintergrund) Das sollten wir jeden Morgen machen, Gemeinsames Frühstück, meine ich.

Zwischen zwei Bissen schaut Tommy zu Julie.

TOMMY: Hübsches Kleid.
JULIE: (lächelnd) Danke.
TOMMY: Aber du hast Hosen darunter an. Ist es so kalt draußen?

Julie lacht laut auf, sie kann sich gar nicht mehr beruhigen. Ianto antwortet stattdessen.

IANTO: So ist die Mode dies Jahr.
TOMMY: (zu Owen) 1968 gab es Miniröcke. Ich dachte, alle meine Weihnachten fielen auf diesen Tag. Eine Schande, dass diese Mode nicht zurückgekommen ist.

Julie hat sich inzwischen wieder beruhigt und wischt sich die Lachtränen aus den Augen.

JULIE: (grinsend) An den Tag war es so kalt, viel zu kalt für Juni. Aber ich wollte dir diesen Anblick nicht vorenthalten. Und dein Gesichtsausdruck damals hat mich auch voll für die Friererei entschädigt.

Die beiden grinsen sich an. Gwen schaut ratlos von den beiden zu Jack, der die beiden lächelnd beobachtet.

GWEN: Ich komme immer noch nicht mit. Warum ist er hier?
JACK: Wie ich schon sagte – eines Tages werden wir ihn brauchen.

Nach dem Essen begeben sich Julie, Tommy und Owen wieder in den Autopsieraum. Owen nimmt noch ein paar Tests vor.

OWEN: Und jetzt zu mir drücken. Gut. Scheint alles in Ordnung. Jetzt brauche ich noch ein paar Blutproben.
TOMMY: (gleichzeitig mit Owen) Blutproben.
JULIE: Da wirst du einmal im Jahr aufgeweckt und dann traktiert Owen dich mit Nadeln.
TOMMY: Einmal im Jahr für euch, aber jeden Tag für mich.
JULIE: (lächelnd) Richtig, das vergesse ich immer wieder. Also, weiter im Text.

Sie nickt Tommy auffordernd zu. Er weiß offenbar, was kommt und seufzt theatralisch.

TOMMY: (mit monotoner Stimme) Tommy Reginald Brockless, geboren 7. Februar 1894 in Blackley, Manchester. Unteroffizier im 10. West Yorkshire Regiment.
JULIE: (lächelnd) Sehr gut.
TOMMY: (verdreht die Augen, dann leiert er weiter seinen Text herunter) Einziges Kind von Constance May Bassett, gestorben 1900, und Thomas Campbell Brockless, gestorben im Juni 1931, im Alter von 57. Herzinfarkt. Das ist alles richtig, oder?
JULIE: (nickt) Ja.
TOMMY: Also gut. Was noch?
OWEN: Okay, ich will mir noch dein Bein ansehen.

In Jacks Büro versucht Jack inzwischen, Gwen die Zusammenhänge zu erklären.

JACK: St Teilos Hospital, 1918. Es gab da eine Zeitverschiebung. Ein Riss bewirkte, dass zwei verschiedene Zeitabschnitte sich ineinander schoben.
GWEN: Ein Stück von 1918. Und wovon noch?
JACK: Ein Stück der Zukunft. Aber wir kennen den exakten Zeitpunkt nicht. Es könnte schon morgen sein, oder erst in hundert Jahren.
GWEN: Was wird passieren?
JACK: Bruchstücke von 1918 werden beginnen, im Krankenhaus zu erscheinen. Zuerst nur einige wenige, dann mehr und mehr. Wenn die Zeitverschiebung dann vollständig ist, wird das eine Kettenreaktion auslösen. Wenn wir es nicht aufhalten können, werden die Zeitverschiebungen sich auf das ganze Land und schließlich die ganze Welt ausbreiten.
GWEN: Und was hat Tommy damit zu tun?

Jack geht zum Tresor, drückt ein paar Knöpfe. Dann öffnet er die Klappe, ein kleiner Kasten steht in dem Fach. Jack holt ihn heraus.

JACK: Irgendwie wird er uns helfen es aufzuhalten. Torchwood 1918 hat uns dafür Anweisungen hinterlassen, allerdings verschlossen.

Jack reicht ihr den kleinen metallenen Behälter, er sieht fast aus wie eine Teedose. Gwen liest, was auf der Dose steht.

GWEN: "Streng geheime Dokumente. Nur für Torchwood Befehlshaber. Überwachungsfall 1918/T.B." Tommy Brockless?

Jack nickt. Gwen versucht, den Behälter zu öffnen.

GWEN: Okay. Er klemmt.
JACK: Nein, er ist verschlossen.
GWEN: Gut, und wo ist der Schlüssel?
JACK: Das ist ein Zeitschloss, verknüpft mit den Rissfrequenzen im Krankenhaus. Wenn der Riss dort sich dem Zeitpunkt nähert, wird der Behälter sich öffnen. Dann werden wir wissen, was Tommy genau tun soll.
GWEN: Aber warum lassen sie uns die ganze Zeit im Dunkeln tappen, Jack?
JACK: Ich denke, das werden wir dann auch herausfinden.

Tommy, neu eingekleidet, und Julie kommen herein. Julie deutet theatralisch auf ihn.

JULIE: Tada ...
TOMMY: (zweifelnd) Also ehrlich, was meint ihr?
GWEN: Du siehst aus wie ein Filmstar.
TOMMY: Wer? Charlie Chaplin?

Alle grinsen. Julie nimmt Tommys Arm und zieht ihn wieder zur Tür.

JULIE: Komm mit.

Sie verlassen das Büro. Jack und Gwen sehen ihnen gedankenverloren nach, jeweils an eine Seite des Türrahmens gelehnt.

GWEN: Jack? Habt ihr noch mehr so hübsche Burschen in der Kühltruhe?
JACK: (lächelnd) Hände weg, Missy. Julie war zuerst da.

Julie und Tommy gehen, beieinander eingehakt, durch die Halle, an Owen und Toshiko vorbei.

JULIE: Bis später, Leute.
OWEN: Viel Spaß.
TOSHIKO: Was habt ihr denn vor?
JULIE: (ausweichend) Vielleicht ins Kino, etwas Essen.
GWEN: Oh, nett.
JACK: Amüsiert euch.

Julie schaut noch einmal zu Jack.

JULIE: Du weißt, wie du mich erreichen kannst. Aber bitte nur, wenn es wirklich dringend ist.

Jack nickt lächelnd.

GWEN: Habt eine schöne Zeit.
JACK: Bye!

Die beiden verschwinden durch das Rolltor. Gwen schaut ihnen nach.

GWEN: (nachdenklich) Er ist ein eingefrorener Soldat aus dem Jahr 1918.
JACK: Niemand ist vollkommen.

Gwen sieht ihn fragend an. Er geht zurück in sein Büro, Gwen folgt ihm.

AM HAFEN ETWAS SPÄTER

Tommy und Julie laufen die Promenade entlang, immer noch eingehakt. Tommy fast im Laufschritt, Julie mehr hinter sich herziehend, als dass sie spazieren gehen.

JULIE: (etwas atemlos) Langsam, langsam, warum diese Eile?
TOMMY: ich habe doch nur diesen Tag, ich will einfach alles sehen.

Sein Blick fällt auf ein Denkmal.

JULIE: Captain Scott... Er brach von hier zu seiner Reise in die Antarktik auf.
TOMMY: 1910. Ich war damals 16, die Zeitungen waren voll davon. Er brauchte zwei Jahre dorthin und dann kratzte er ab.

Kopfschüttelnd wendet er sich ab und sieht Julie auffordernd an. Die erwidert seinen Blick nachdenklich.

TOMMY: Oh, ich vergaß, das weißt du ja alles. Warst ja hier. – Also, was hast du gemacht, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?
JULIE: Gearbeitet, wie immer.

Tommy lacht nur. Julie lächelt zurück.

JULIE: Was?
TOMMY: Ich wusste, dass du das sagst. Du sagst es jedes Mal. Aber da muss es doch noch mehr geben.
JULIE: Das sagst du auch jedes Mal. Ich habe dir doch schon erklärt, dass Jack und ich alle Zeit der Welt haben. Dein Leben läuft im Zeitraffer ab, unseres in Zeitlupe. Das ist der Unterschied.
TOMMY: Das ist auch so eine Sache, die ich wohl nie verstehen werde.
JULIE: Es ist beides kaum zu begreifen. Aber wir müssen damit leben.

Beide schweigen. Julie schaut über das Hafenbecken, Tommy über ihre Schulter in die Ferne. Dann sieht Tommy sie an.

TOMMY: Du und Jack, wie haltet ihr das aus?
JULIE: Oh, wir hängen ja nicht die ganze Zeit aufeinander. Manchmal kann ich ihn nicht mehr sehen und ihm geht es genauso. Dann verschwindet einer von uns für einige Zeit, bis es wieder geht. (Sie lächelt ihn schief an.) Wenn man alles zusammenzählt, haben wir tatsächlich wahrscheinlich nur die Hälfte der Zeit, die wir uns kennen, zusammen verbracht.
TOMMY: Bei dir hört es sich so einfach an.
JULIE: Nein, das ist es nicht, glaube mir. Aber wir haben keine andere Wahl. Also machen wir das Beste daraus.

Sie lacht ihn jetzt strahlend an und nimmt seine Hand. Laufend zieht sie ihn mit sich.

JULIE: Tommy, komm! Wir haben nur diesen Tag, lass’ ihn uns voll auskosten!

Tommy schaut erst verblüfft über ihren plötzlichen Stimmungsumschwung, dann lässt er sich lächelnd mitziehen.

IN DER TORCHWOOD-BASIS ZUR GLEICHEN ZEIT

Gwen ist Jack in sein Büro gefolgt, ihr brennen noch einige Fragen auf der Zunge.

GWEN: Jack, das Verhältnis zwischen Tommy und Julie scheint mir ziemlich vertraut. Wie lange kennt sie ihn schon?
JACK: Seit dem Tag, als er in die Basis gebracht wurde, 1918. Sie war zufällig hier und er völlig verängstigt und desorientiert. Er litt unter einer Kriegsneurose, er war nicht nur wegen der Verletzung dort im Krankenhaus. Als er in die Kryokammer gebracht wurde, flippte er völlig aus. Aber Julie gelang es, ihn zu beruhigen. Sie versprach ihm schließlich, jedes Mal da zu sein, wenn er erwachte. Und sie hat ihr Wort gehalten. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, aber sie hat keinen Tag versäumt. Neunzig Jahre lang.

Jack sieht Gwen lächelnd an, sie schaut eher ernst und sehr nachdenklich.

IN EINEM PUB IN CARDIFF

BARKEEPER: Ja, Kumpel?.
TOMMY: Zwei Bier, bitte.

Er schaut über die Schulter zu Julie, die neben ihm steht, ob die Bestellung so richtig ist. Sie nickt lächelnd. Da weckt ein knatternder Lärm, der aus dem Fernseher über der Bar kommt, Tommys Aufmerksamkeit. Es ist eine Nachrichtensendung, ein Gefecht wird gezeigt.

NACHRICHTENSPRECHER: 20 irakische Zivilisten wurden bei einem Autobombenanschlag in Basra, Südirak, getötet. Eine britische Patroille …

Der Bericht geht weiter, Bilder von gepanzerten Fahrzeugen und schießenden Soldaten werden gezeigt.

JULIE: Irak.
TOMMY: Es scheint so, als gäbe es immer irgendwo einen Krieg.
JULIE: Sie nennen es nicht ‚Krieg’.
TOMMY: Es sieht aber so aus. (Julie lächelt bitter) Das erste Jahr, als sie mich aufweckten … 1919 … sagten sie mir, der Krieg wäre vorbei. Wir hatten gewonnen. „Das war der eine Krieg, der alle Kriege beenden wird", das sagten sie. Und drei Wochen später hatten wir den zweiten Weltkrieg. Nach all dem.

Der Barkeeper stellt die beiden Gläser vor ihm auf den Tresen, Tommy nimmt sie, sie gehen zu einem der Tische und setzen sich.

TOMMY: Hast du dich jemals gefragt, ob wir es wert sind, gerettet zu werden? Die menschliche Rasse, meine ich.
JULIE: (nachdrücklich) Ja, ihr seid es wert. Trotz Kriegen und allem. (sie schaut ihn fragend an, weil seine Miene sich verändert hat) Was ist?
TOMMY: Oh, ich dachte nur … für dich würde ich alles tun. Ja, du bräuchtest nur zu sagen: „Tommy, du bist mein strahlender Held und ich brauche dich."
JULIE: (lächelnd) Wie süß.
TOMMY: Und was immer es auch ist, ich werde es tun. Das meine ich ernst. Alles.

Julie lächelt und streicht ihm mit der Hand über die Wange. Dann beugt sie sich vor und küsst ihn zärtlich. Als sie sich wieder setzt, schauen sie sich immer noch in die Augen und lächeln. Julie legt ihre Hand auf seine, er hält sie mit beiden Händen. Doch plötzlich zuckt er zusammen und fasst sich an die Schläfe. Er verzieht das Gesicht, als verspüre er Schmerzen. Alarmiert sieht Julie ihn an.

JULIE: (besorgt) Was ist? Was hast du?
TOMMY: Keine Ahnung. Nur ein Gefühl ...

IN DER TORCHWOOD-BASIS ZUR GLEICHEN ZEIT

Gwen sitzt an Jacks Schreibtisch und sieht sich alte Fotos an. Ianto steht hinter ihr. Sie hat ein Foto von Gerald und Harriet in der Hand.

GWEN: Er sieht nicht schlecht aus.
IANTO: Er war der Boss.
GWEN: Nichts ändert sich.

Die beiden sehen sich an und lächeln wissend.

IANTO: Sie ist auch nicht übel. Harriet Derbyshire.
GWEN: Ich frage mich, was aus ihr geworden ist.
IANTO: Sie starb ein Jahr, nachdem das Foto gemacht wurde. Sie war erst 26.
GWEN: So jung.
IANTO: Das waren sie alle. Nichts ändert sich.

Gwen legt nachdenklich das Foto auf den Tisch, und steht auf. Sie geht in die Halle, greift nach ihrer Jacke und wendet sich zum Gehen. Ianto kommt ihr hinterher.

IANTO: Wohin gehst du?
GWEN: St Teilos Hospital. Und du, setz’ mal ein fröhlicheres Gesicht auf, ja?!

Sie geht hinaus, Ianto schaut ihr ernst hinterher.

IM ST. TEILO’S KRANKENHAUS ETWAS SPÄTER

Gwen läuft langsam durch die leeren Räume und schaut sich um. Nur etwas Müll liegt herum, sonst ist alles leer und still. Dann hört sie auf einmal Gelächter hinter sich. Aber als sie herumfährt, ist niemand zu sehen. Plötzlich erscheint ein Mann auf Krücken, in einem gestreiften Schlafanzug. Ein Bein ist unterhalb des Knies amputiert. Die Lampen beginnen zu flackern. Gwen schaudert, sie schaut beunruhigt.

GWEN: Hallo? Ich sagte hallo. Können Sie mich hören? Wenn Sie …

Während sie spricht, kommt er auf sie zu, immer schneller. Sie weicht erschrocken zurück, bis sie mit dem Rücken an der Wand steht. Sie bedeckt ihre Augen mit den Händen. Ein erschrockenes Quietschen entfährt ihr – dann ist die Gestalt verschwunden. Gwen schaut sich ängstlich um. Dann nimmt sie ihre Suche wieder auf, hastet durch dunkle Flure. In einem größeren Raum steht Baumaterial herum.

GWEN: Hallo?

Die Lichter flackern wieder. Plötzlich legt sich von hinten eine Hand auf Gwens Schulter. Sie fährt mit einem Schreckensschrei herum. Aber dort steht nur ein Bauarbeiter, der sie besorgt ansieht.

BAUARBEITER: Alles in Ordnung, Kleine? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.

Etwas später ist Jack dort. Gwen hat ihn angerufen, nachdem sie mit den Arbeitern gesprochen hat.

JACK: Sie reißen das Krankenhaus ab?
GWEN: Ja, das haben sie gesagt. Könnte das die Zeitverschiebung ausgelöst haben?
JACK: Möglich. Vielleicht ist es durch die ganzen psychischen Traumata und die Riftenergie aufgeladen worden wie eine Batterie. 1918 war dieser Ort voll von verwundeten Soldaten. (Jack geht in die Hocke, legt die rechte Hand auf den Boden und schließt die Augen) Vier Jahre Krieg. Passchendaele, die Somme. In diesem Krieg wurde eine Million britische Soldaten getötet. Es war, als würde man in die Hölle wandern. (Er steht auf und klopft sich den Staub ab) Glaube mir. Ich war dort. (Er tippt an sein Kommgerät im Ohr) Owen? Habt ihr irgendwas gefunden?
OWEN: Nein, alles ruhig. Nur der kleine Ausschlag von vorhin. Aber selbst Tosh meint, das wäre eher Julies Zuständigkeit. Soll ich sie anrufen?
JACK: Nein. Haltet nur die Augen offen.

In einem anderen Teil des Krankenhauses sind die Abrissarbeiten in vollem Gange. Arbeiter reißen die Wände mit Vorschlaghämmern ein. Aber dort, wo Jack und Gwen sich befinden, ist alles still und dunkel. Langsam bewegen sie sich mit eingeschalteten Taschenlampen durch die Korridore, sich immer wieder umsehend. Plötzlich bleibt Jack stehen und blickt sich suchend um.

GWEN: Jack? Jack.
JACK: Schh. (flüsternd) Geh’ da weiter.

Er zeigt in einen abzweigenden Korridor. Gwen nickt. Sie gehen langsam getrennt weiter, die Lichtkegel der Taschenlampen wandern hin und her. Da erscheint vor Jack eine Gestalt am anderen Ende des Flurs im Licht. Ein Mann in Schlafanzug und Morgenmantel, er sitzt in einem altmodischen Rollstuhl, den eine Krankenschwester schiebt.

ROLLSTUHL-MANN:
# Tick-tock, wind up the clock #
# I like them all...#
KRANKENSCHWESTER: Ich wette, das sagen Sie zu allen Mädchen.
ROLLSTUHL-MANN:
# Show me a skirt, and my
brain simply whirls...#
KRANKENSCHWESTER: Schhh. Die Oberschwester will nicht, dass hier gesungen wird. Sie werden sich eine Standpauke anhören müssen, wenn sie Sie hört.
ROLLSTUHL-MANN:
# I love their dimples and curls #
# Tick-tock, wind up the clock #
# And I start my day over again #
# Tick-tock, wind up the clock #
# And I start my day over again...#
TOSHIKO: (über Komm) Jack, siehst du irgendetwas? Ich bekomme hier einen kleinen Ausschlag angezeigt.
JACK: Ja, wir haben ein paar Geister hier.

Er versucht Gwen zu erreichen, die in einem anderen Korridor unterwegs ist.

JACK: (über Komm) Gwen, alles in Ordnung bei dir? Gwen?
GWEN: Ja, alles ok.

Sie geht in einen Raum, der im Dunkeln liegt, und betätigt den Lichtschalter. Die nackte Neonröhre, die an der Decke hängt, geht an, aber sie flackert die ganze Zeit. Erschrocken weicht sie zurück, denn vor ihr sitzt ein Mann. Er sitzt zusammengesunken auf einem Stuhl an der gegenüberliegenden Wand. Dann kommt noch eine Krankenschwester von der Seite herein und geht zu ihm, ohne Gwen zu beachten.

KRANKENSCHWESTER: Sie sind jetzt soweit, Sie können hinein.

Die Krankenschwester hilft dem Mann auf und führt ihn in den angrenzenden Raum, dann geht sie in einen angrenzenden Flur. Aber nach einem Moment bleibt sie stehen und schaut Gwen direkt an. Erkennen scheint in ihren Augen auf und Erschrecken. Sie kommt zurück. Gwen bemerkt ihre Reaktion und schaut sie forschend an. Die Schwester hat sich wieder etwas gefasst und kommt jetzt langsam näher.

KRANKENSCHWESTER: Hallo? Hallo? Ich kann Sie sehen!? (anklagend) Warum lasst ihr uns nicht in Ruhe? Sie sollten nicht hier sein!
GWEN: Ich werde Ihnen nichts tun.
KRANKENSCHWESTER: (lauter) Sie sollten nicht hier sein! Sie sollten nicht hier sein!

Gwen weicht erschreckt zurück.

GWEN: Ich will Ihnen nichts antun.

Die Lampe hört auf zu flackern, die Schwester verschwindet, nur einige letzte Echos ihrer Rufe flüstern noch durch die Korridore. Gwen steht da in Abwehrhaltung, aber nichts ist geblieben.

AUF EINEM PIER AM HAFEN

Tommy und Julie sind dort unterwegs, der Pier ist menschleer, denn es windig und regnerisch, ungemütlich. Eigentlich kein Tag, um draußen spazieren zu gehen. Sogar der kleine Kiosk am Ende des Piers hat geschlossen. Aber den beiden scheint es nichts auszumachen.

TOMMY: Ich krieg’ dich!

Tommy greift Julie lachend um die Taille und wirbelt sie herum, hebt sie hoch in die Luft. Die Tasche, die sie quer über der Schulter trägt, schlägt herum, ihm ins Gesicht. Julie muss sich an seine Schultern klammern.

JULIE: (lachend, atemlos) Halt, halt! Tommy, lass’ mich runter!
TOMMY: Das ist der Feuerwehrlift. Ja, schon gut, schon gut. Ich lasse dich runter.

Er setzt sie wieder auf ihre Füße, taumelnd hält Julie sich an ihm fest und lehnt sich an ihn. Dann sieht sie ihn an.

JULIE: Mein Gott, mir dreht sich alles. So etwas vertrage ich nicht mehr.

Tommy sieht sie schelmisch an und küsst sie schnell. Dann schaut er vorsichtig, wie sie darauf reagiert. Aber Julie lächelt nur versonnen.

TOMMY: Du redest, als wärest du uralt.
JULIE: Ich bin uralt.
TOMMY: Ach komm’, ich wurde 1894 geboren.
JULIE: Aber du bist erst 24 – wenn man nur die erlebte Zeit zählt. Und ich habe diese Jahre durchlebt.
TOMMY: (bitter) Stimmt schon. Aber ich war alt genug, um für mein Land zu kämpfen und zu sterben. Und ich habe in den letzten 90 Tagen mehr erlebt, als mein Alter vermuten lässt.

Julie sieht ihn an, Trauer liegt in ihrem Blick. Sie legt beide Hände um sein Gesicht und küsst ihn – der Kuss ist intensiv und dauert lange. Als sie sich voneinander lösen, ist die Traurigkeit aus Julies Blick verschwunden. Lächelnd blickt sie ihn an, die Hände immer noch auf seinen Wangen.

TOMMY: (ironisch) Wir sind schon ein schönes Paar.

Julie reagiert nicht darauf. Sie lacht ihn an.

JULIE: Verschwenden wir keine Zeit. Also, was möchtest du als nächstes machen?
TOMMY: (grinsend) Nun, wir könnten zu mir gehen. Aber da gibt es nur Platz für einen und es ist verdammt kalt.

Julie lacht laut auf, dann knufft sie Tommy an die Schulter.

JULIE: Na, dann bleibt ja nur meine Wohnung, nicht wahr?

Tommy zieht ein gespielt unschuldiges Gesicht.

TOMMY: Ich will mich nicht aufdrängen. Wir kennen uns ja noch nicht so lange …
JULIE: (ironisch) Als wenn uns das schon mal davon abgehalten hätte ...

Beide tauschen einen wissenden Blick und lachen. Noch ein kurzer Kuss, dann bietet Tommy Julie seinen Arm. Sie hakt sich unter.

JULIE: Also los. Beeilung.

Tommy läuft los, als habe er das wörtlich genommen, die lachende Julie hinter ihm her.

TOMMY: Wer schneller ist, los!

Da klingelt das Handy in Julies Tasche. Sie bleibt stehen, Tommy ebenfalls. Während sie das Handy herauszieht, wechseln sie einen Blick. Beide ahnen, was jetzt kommt.

JULIE: Jack. Ich hoffe für dich, dass es wichtig ist!

Sie lauscht ins Handy.

TOMMY: (bittend, drängend) Julie!

Sie schaut ihn an und schüttelt den Kopf, die Enttäuschung ist ihr an zu sehen.

JULIE: (ins Handy) Wir sind auf dem Weg.

IN DER TORCHWOOD-BASIS

Alle haben sich im Besprechungsraum versammelt, auch Julie und Tommy sind inzwischen eingetroffen, nur Ianto fehlt. Jack berichtet, was er und Gwen im Hospital herausgefunden haben.

JACK: Die Abbrucharbeiten im Krankenhaus haben die Zeitverschiebung ausgelöst.
OWEN: Dann sollen sie es nicht abreißen.
JACK: Zu spät, sie haben schon damit angefangen.
GWEN: Und was wird als nächstes passieren?
JACK: Es können nicht zwei verschiedene Zeiten gleichzeitig existieren. Entweder du bist im Jahr 1918 oder heute. Aber nicht beides gleichzeitig.
TOSH: Und wenn sich die Zeitverschiebung hier manifestiert ...
OWEN: Dann würden wir vollends durchdrehen.
JACK: Lineare Zeit. (Er hält ein Blatt Papier hoch, dann zerknüllt er es) Verdrehte Zeit. (Er wirft die Papierkugel Owen zu) Nimm dein Leben als gerade Linie, von der Geburt bis zum Tod. Versuche, die Linie auf das Blatt zu zeichnen, ohne es zu glätten.
GWEN: Das ist unmöglich.
JACK: Deshalb müssen wir es aufhalten.

Er geht zur Tür, die anderen folgen ihm. In der Haupthalle ruft er Ianto etwas zu, der sich in Jacks Büro aufhält.

JACK: Ianto, was ist mit dem Behälter?
IANTO: Immer noch verschlossen.
JACK: Ok. Das Wichtigste ist nun heraus zu finden, wie schnell die Zeitverschiebung voran geht und wann sie wohl komplett sein wird. Tosh, Owen, ihr geht zum Krankenhaus, wir brauchen noch Messwerte. Pflastert den Ort mit Rissüberwachungsgeräten. (Die beiden nicken und gehen) Gwen, du gehst die Akten noch mal durch, kann ja sein, dass wir etwas übersehen haben.

Gwen nickt und will auch gehen. Julie und Tommy tauschen einen Blick, dann sieht Julie Jack an.

JULIE: Ich werde Gwen helfen. Die handschriftlichen Aufzeichnungen sind manchmal schwer zu entziffern.

Jack nickt. Die beiden Frauen gehen ebenfalls.

IM ST. TEILO’S HOSPITAL

Owen und Toshiko sind damit beschäftigt, die Überwachungsgeräte in einem großen Saal anzubringen.

OWEN: Brauchst du eine helfende Hand?
TOSH: Mehr als eine.
GWEN: (über Komm) Owen, hörst du mich?
OWEN: Was ist?
GWEN: (über Komm) Geh’ doch bitte mal runter in den Ostflügel des Krankenhauses. In den zweiten Stock, der war damals die Radiologische Abteilung. Ich glaube, dass es da einen wichtigen Hinweis auf die Zeitverschiebung gibt. Ich habe das schon vorher mal gelesen, aber es macht irgendwie keinen Sinn. In dem Feldbericht von Torchwood 1918 aus dem Krankenhaus wird ein bestimmtes Element ihrer Begegnung beschrieben. Moment … „Durch ein Loch in der Außenwand hörten wir den Lärm großer Maschinen. Draußen war eine Frau in seltsamer Rüstung zu sehen, die einen Union Jack zerriss, vielleicht eine zukünftige Heldin des Empires." Ich meine … was soll das bedeuten? Das hört sich nicht nach unserer Gegenwart an. Ich meine ... die Zeitverschiebung hat zwar begonnen, aber vielleicht wird es Jahre dauern, bis sie abgeschlossen ist.

Während sie redet, ist Owen an den Ort gegangen, den Gwen beschreibt. Er schaut sich um. Da ist tatsächlich ein großes Loch in der Außenwand, durch das Licht fällt. Er zieht einen Stuhl heran und steigt darauf, so dass er durch das Loch nach Draußen sehen kann.

OWEN: Ich hab’s! Es ist ein Plakat auf der Wand gegenüber … für eine Autoversicherung. Und die Geräusche, die sie gehört haben, müssen der Verkehr gewesen sein. Das ist nicht noch Jahre in der Zukunft … das ist Jetzt!

Plötzlich hört man ein Dröhnen, die Überwachungsgeräte jaulen los. Toshiko rennt von einem zum anderen und überprüft sie. Alle Lampen flackern. Der Alarm heult durch das Gebäude.

IN DER TORCHWOOD-BASIS

Jack sitzt in seinem Büro am Schreibtisch, mit Papierkram beschäftigt. Hinter ihm arbeitet Ianto. Plötzlich öffnet sich der Behälter auf dem Tisch mit einem sanften Leuchten. Jack bemerkt es und greift danach. Die Dose enthält einen Stapel Papiere. Er zieht sie heraus. Sie sind gefaltet und versiegelt. Das Siegel zeigt ein T in einem Hexagon – das alte Torchwood-Zeichen. Er bricht das Siegel auf und entfaltet die vergilbten Blätter. Sie sind eng beschrieben, in einer kleinen Handschrift. Er blättert sie rasch durch. Ianto wird aufmerksam, er lächelt erfreut.

IANTO: Anweisungen?
JACK: Ja, für Tommy. (verblüfft) Und Julie.

Er vertieft sich in die Aufzeichnungen und liest sie jetzt sorgfältig.
Nur kurze Zeit später sind wieder alle im Besprechungsraum versammelt, auch Toshiko und Owen sind da. Nur Ianto fehlt mal wieder.

JACK: In zwölf Stunden wird es einen kurzen Augenblick geben, an dem beide Zeiten vorhanden sind, bevor die Zeitverschiebung abgeschlossen ist. Dann kann Tommy hier in unserer Zeit sein und im Jahr 1918. Er muss dann unbedingt im Krankenhaus sein, bereit, von einer Zeit in die andere zu wechseln.
GWEN: Er wird sich dann innerhalb der Zeitverschiebung befinden, richtig?
JACK: (nickt) Und er kann den Riss verschließen, der das verursacht.
TOMMY: Und wenn der Riss geschlossen ist?
OWEN: 1918 wird wieder da sein, wo es hingehört.
TOMMY: So wie ich.

Jack schaut ihn ernst an und nickt.

TOMMY: Für immer?
JACK: Ja. Du bist der einzige, der das tun kann. Wir brachten dich aus dem Jahr 1918 in die Gegenwart. Und wenn du wieder zurückkehrst, wird dein Leben der Faden sein, der die Vergangenheit wieder zusammenfügt.
TOMMY: Um die Zeit zu flicken.
TOSH: Wie soll das funktionieren?

Jack hält den Gegenstand hoch, der vor ihm auf dem Tisch lag.

JACK: Das hier ist ein Riftmanipulator. Eigentlich so was wie ein Schlüssel. Wenn du dich erst mal in der Zeitverschiebung befindest, kannst du damit die Tür hinter dir schließen.
TOMMY: Und das war’s dann? Ich bin verschwunden?

Er schaut von Jack zu Julie, die ebenfalls Blicke tauschen. Jack presst die Lippen zusammen. Dann schaut Julie Tommy an und nimmt seine Hand. Niemand sagt etwas. Da öffnet sich die Tür und Ianto kommt herein. Er hat einen Karton in der Hand. Jack steht auf.

JACK: Tommy, bleib’ hier bei Ianto. Julie? Wir müssen reden.

Julie steht ebenfalls auf, die beiden gehen hinaus.

Im Büro setzt Jack sich an den Schreibtisch und nimmt die Aufzeichnungen aus der Dose in die Hand. Er wedelt damit in Julies Richtung, die auf dem anderen Stuhl sitzt, und wirft sie dann auf den Tisch, so dass sie auseinander fallen. Sie schaut kurz darauf und stellt dann einen bemüht neutralen Gesichtsausdruck zur Schau. Ganz im Gegenteil zu Jack.

JACK: (wütend) Du wusstest es die ganze Zeit, nicht wahr? Und hast nichts gesagt?!
JULIE: (kopfschüttelnd) Das ist nicht richtig. Ich war nicht dabei, als das im Krankenhaus passierte. Ich weiß darüber auch nur das, was Gerald und Harriet mir erzählten, nachdem sie Tommy hier in die Basis gebracht hatten. Und Tommy sah ich da zum ersten Mal. - Wir haben darüber gesprochen, erinnerst du dich? Bevor wir Tommy das erste Mal auftauten, du warst noch nicht lange aus dem Krieg zurück.

Jack macht ein betroffenes Gesicht, offenbar fällt es ihm gerade erst wieder ein. Dann zuckt er mit den Schultern. Julie beugt sich zu ihm, legte die Unterarme auf die Schreibtischplatte und greift nach seiner Hand.

JULIE: (entschuldigend) Aber in gewisser Weise hast du Recht. Sie haben mir gesagt, dass sie mich dort mit Tommy gesehen haben. Und ich habe an diesen Anweisungen mitgearbeitet. Das war ich Tommy schuldig.

Jack sieht sie ernst an.

JACK: Du weißt, was ihn erwartet?

Julie nickt, Tränen in den Augen.

JULIE: Ich konnte nicht anders. Ich habe nach Kriegsende nach ihm gesucht. In der absurden Hoffnung, er könne irgendwie überlebt haben. (Sie senkt den Kopf, um die Tränen zu verbergen) Er stirbt drei Wochen, nachdem wir ihn zurückgeschickt haben.

Jack dreht seine Hand und umfasst ihre. Mit der anderen streicht er sanft darüber. Er lässt Julie nicht aus den Augen. Als sie den Kopf wieder hebt, laufen ihr Tränen über die Wangen.

JACK: (leise) Durch ein Erschießungskommando.

Julie nickt weinend. Sie kann kaum sprechen.

JULIE: Erschossen wegen Feigheit vor dem Feind ...

Ihre Stimme bricht. Jack lässt ihre Hand los und geht um den Schreibtisch herum. Er setzt sich auf die Kante vor Julie und zieht sie in seine Umarmung. Sie presst ihr Gesicht in seine Halsbeuge. Ihre Schultern zucken, sie weint jetzt haltlos. Jack spürt, wie ihm ihre Tränen in den Kragen rinnen.

JULIE: (fast unhörbar, mehr zu sich selbst) Er war wegen einer Kriegsneurose dort im Krankenhaus. Als Torchwood ihn einfror, haben sie seine ganzen damaligen Erinnerungen eingefroren. Wenn er zurückgeht ins Jahr 1918, wird er in den Zustand zurückkehren, in dem er sich damals befand. Und wenn er an die Front zurückkehrt, wird die Kriegsneurose wieder ausbrechen. Er wird nicht mehr kämpfen können und zusammenbrechen. Das wird sein Todesurteil sein.
JACK: Wie das von 300 anderen.

Julie hebt den Kopf und schiebt sich etwas von Jack weg, um ihn ansehen zu können. Die Tränen sind versiegt, aber ihr Gesicht noch ganz nass.

JULIE: (verzweifelt) Jack, ich kann das nicht. Nicht diesmal, nicht mit ihm.

Jack sieht sie traurig an und wischt ihr zärtlich die Tränen vom Gesicht. Sie schließt die Augen und lehnt ihre Wange in seine Hand.

JACK: Du musst.

Julie öffnet die Augen, es stehen wieder Tränen darin.

JULIE: Ich kann nicht.
JACK: (sehr ernst, beschwörend) Doch, das kannst du. Und du wirst. Wie du immer das tust, was getan werden muss.

Julie sieht ihn verzweifelt an. Jack hält ihrem Blick stand. Schließlich nickt sie und umarmt ihn wieder. Jack schließt seine Arme um sie und hält sie wortlos fest.
Währenddessen öffnet Ianto im Besprechungsraum den Karton, den er mitgebracht hat. Außer Tommy ist niemand mehr dort. Ianto zieht einige Kleidungsstücke hervor. Es ist der gestreifte Schlafanzug und die Militärjacke.

IANTO: Wir haben dies hier in den Archiven aufgewahrt. Diese Kleidung trugst du im Krankenhaus, als Torchwood dich da herausgeholt hat.
TOMMY: Schon toll, dass die Motten nicht drangegangen sind. (Tommy hält die Schlafanzughose hoch) Also werde ich die Welt im Schlafanzug retten? Wie bescheuert ist das denn?

Die anderen sitzen an den Computern in der Haupthalle, als Tommy und Ianto aus dem Besprechungsraum kommen. Tommy schaut sich suchend um.

TOMMY: Wo ist Julie?
GWEN: Noch da drin mit Jack. (Sie weist mit dem Kopf in Richtung Büro.)
TOMMY: (seufzend) Also, morgen früh ist es soweit. Wie spät ist es?

Ianto schaut auf seine Armbanduhr.

IANTO: Zehn vor neun.
TOMMY: Also, was machen wir solange?

Alle schauen sich schweigend und verlegen an. Tommy sieht von einem zum anderen.

TOMMY: Ihr habt keine Ahnung, nicht wahr?
GWEN: Was möchtest du denn gerne machen?
TOMMY: (nachdenklich) In der Nacht vor einem Angriff haben wir immer Karten gespielt, Briefe geschrieben, getrunken, wenn jemand was da hatte.
OWEN: Nun, das könnten wir jetzt auch machen.
IANTO: Ja.

Er dreht sich schon um, um etwas zu besorgen. Aber Tommys Stimme lässt ihn stoppen.

TOMMY: Aber ihr werdet nicht mit mir gehen. Das betrifft nur mich allein.

Wieder schauen sich alle verlegen an. Unangenehme Stille breitet sich aus. Da kommt Julie aus Jacks Büro. Tommy sieht sie und lächelt erleichtert. Jack folgt ihr, bleibt aber in der Tür stehen und lehnt sich mit verschränkten Armen an den Rahmen.

GWEN: (zu Jack) Wir fragen uns gerade, wo Tommy heute nacht bleiben soll.

Jack holt tief Luft, als seufze er, aber bevor er etwas sagen kann, spricht Julie. Jack schaut kurz zu ihr, aber sie kehrt ihm den Rücken zu.

JULIE: Wir wollten zu mir.

Alle starren Julie an, völlig verblüfft.

GWEN: Hier in dein Zimmer??
JULIE: (lächelnd) Nein, in mein Haus hier in Cardiff.

Den anderen entgleisen die Gesichtszüge noch mehr, wenn das möglich ist.

IANTO: Du hast ein Haus in Cardiff?!
JULIE: Ja, schon sehr lange. Und Tommy muss ja nicht hier bleiben. (Sie dreht sich zu Jack um) Oder?
JACK: Nein, natürlich nicht. Wenn ihr beide das wollt ...

Julie lächelt und sieht Tommy an. Er lächelt zurück und nickt. Dann gehen beide Hand in Hand Richtung Rolltor.

JACK: (ruft ihnen nach) Morgen früh, 06:30 Uhr.

Dann dreht er sich um und geht zurück in sein Büro. Gwen schaut ihm nachdenklich hinterher.

IN JULIES WOHNUNG

Tommy schaut sich in dem großzügigen Raum um. Es sieht aus wie ein riesiges Einzimmerapartment, modern eingerichtet mit kleiner Kochzeile, Wohnbereich und einem großen Bett in einem etwas erhöhten Bereich. Asiatische Statuen und eine Vitrine mit Fossilien und Mineralien geben dem Raum eine persönliche Note.

TOMMY: Es hat sich nichts verändert. Es sieht immer noch aus wie ein Museum. Doch, Moment. Diese Figur war letztes Mal noch nicht da.

Er deutet auf eine fast lebensgroße Statue einer hinduistischen Göttin oder Tänzerin.

JULIE: Ja. Du weißt ja, dass ich so etwas sammle. Die habe ich erst vor kurzem gekauft.
TOMMY: (seufzend) Da wären wir also. Für eine Nacht. Dann werde ich fort sein.
JULIE: Ich hatte gehofft, das würde noch lange nicht geschehen.

Sie tritt ganz nahe an ihn heran, lehnt sich an seinen Rücken und legt die Arme um ihn.

TOMMY: Und ich werde dir nicht einmal schreiben können. Du wirst unendlich weit weg sein.

Julie antwortet nicht. Tommy dreht sich um und küsst sie leidenschaftlich, dann bewegen sie sich auf das Bett zu.

IN DER TORCHWOOD-BASIS

Jack sitzt an seinem Schreibtisch und blättert in einigen Papieren. Ianto kommt über die Treppe hinter Jacks Schreibtisch herauf, nachdenklich, mit langsamen Schritten. Jack fängt an zu sprechen, ohne sich umzudrehen.

JACK: Morgen um diese Zeit wird er schon wieder im Jahr 1918 sein.
IANTO: In seiner eigenen Zeit. (Er bliebt an der Treppe stehen, die Hände in den Hosentaschen) Würdest du in deine zurückkehren? Wenn du könntest?
JACK: Warum, würdest du mich vermissen?
IANTO: Ja. (Er kommt langsam zum Schreibtisch)
JACK: Ich habe meine Heimat vor so langer Zeit verlassen. Ich weiß gar nicht, wo ich hingehöre. Aber vielleicht spielt das auch keine Rolle mehr.
IANTO: Du hast Julie.

Er bleibt neben Jack stehen. Jack klappt die Akte zu und schaut zu Ianto auf.

JACK: Nicht nur das. Hier sind geliebte Menschen, die ich nie kennen gelernt hätte, wäre ich dort geblieben. (Er schaut Ianto an, der erwidert den Blick) Und um nichts in der Welt würde ich das missen wollen.

Ianto hält den Blickkontakt einen Moment, dann schaut er zu Boden. Jack steht auf und legt ihm die Hände auf die Schultern. Die beiden stehen ganz nah zusammen. Jack schaut ihn eindringlich an.

JACK: Du bist mir wichtig, Ianto Jones.

Ianto hebt den Kopf und schaut ihn zweifelnd an.

IANTO: Wie hältst du das aus. Sie liegt jetzt mit ihm im Bett.
JACK: (lächelnd) Wir kennen uns jetzt schon weit mehr als hundert Jahre. Was macht da eine Nacht? Und sie ist nicht mein Eigentum. Das würde sie auch nie zulassen.

Ianto lächelt ebenfalls, aber es sieht eher verzweifelt aus. Jack wird wieder ernst. Er streicht Ianto mit der linken Hand sanft über die Wange.

JACK: (leise) Morgen wird er fort sein. Nur noch eine Erinnerung.

IN JULIES WOHNUNG

Tommy und Julie liegen im zerwühlten Bett, nackt, atemlos, einander zugewandt. Die Uhr zeigt 02:00 Uhr. Beide schauen sich an.

TOMMY: Was wird mit mir geschehen? Nachdem ich zurückgekehrt bin?

Julie senkt die Augen, sie kann ihn nicht ansehen.

TOMMY: Nun komm’ schon. Du weißt es doch!

Julie schaut ihn traurig an.

JULIE: (zögernd) Sie schicken dich nach Frankreich zurück.

TOMMY: (ahnungsvoll) Und dann?

Julie sieht ihn eindringlich an, als wolle sie mit den Augen in seine Seele schauen. Tommy hält ihrem Blick stand. Sie streicht ihm über die Wange, Tränen in den Augen.

JULIE: Du wirst getötet.

Tommy nickt, als habe er nichts anderes erwartet.

TOMMY: Finden sie wenigstens meine Leiche? (Julie nickt) Wenigstens etwas.

Er lehnt sich zu ihr und sie küssen sich, lange, leidenschaftlich, verzweifelt. Es wirkt schon wie ein Abschied.
Am nächsten Morgen erwacht Julie als erste. Vorsichtig steht sie auf, sie will Tommy noch nicht wecken. Leise geht sie durch den Raum, hebt ihre Kleidung auf und zieht sich an. Als sie sich umdreht, bemerkt sie, dass Tommy inzwischen erwacht ist und sie beobachtet. Sie lächelt ihm zu, aber es wirkt kläglich.

JULIE: Es ist soweit.

 IM ST. TEILOS HOSPITAL ETWAS SPÄTER

Das ganze Team geht durch die leeren, dunklen Korridore.

JACK: Ihr wisst, wir dürfen nicht mehr hier sein, wenn es passiert.

Das Dröhnen eines nahenden Risses erklingt, der Alarm heult los, die Lampen fangen an zu flackern. Alle schauen sich alarmiert um.

JULIE: Kommt.

Sie gehen weiter durch leere Flure, Tommy und Julie voran. Plötzlich bleibt Tommy stehen.

TOMMY: Shhh.

Leiser Gesang ist zu hören, wie ein Echo.

JACK: Im Moment sind wir sicher.

Eine Krankenschwester mit einer Petroleumlampe in der Hand tritt aus einem anderen Korridor und geht vor ihnen her. Tommy folgt ihr, ohne auf die anderen zu achten.

JULIE: (besorgt) Ist alles in Ordnung? Tommy?

Sie und die anderen folgen ihm bis in den völlig leeren Krankensaal. Dort steht Tommy, allein, und schaut sich verstört um.

TOMMY: Wo ist sie hin? Ins Jahr 1918?

Die Stimme von Gerald, dem Torchwood-Leiter von 1918, erklingt.

GERALD: Tommy, ich denke, Sie sollten besser mit uns kommen. Keine Angst. Ich heiße Gerald und dies hier ist Harriet. Wir werden uns um Sie kümmern.
TOMMY: Torchwood hat mich mitgenommen.

Jetzt erscheint auch der Krankensaal aus dem Jahr 1918. Tommy sieht sich selbst im Bett vor ihm liegen. Gebannt starrt er auf die Szene. Erst Julies Stimme reißt ihn aus seiner Trance.

JULIE: Tommy!

Plötzlich wirft er sich herum und stürzt aus dem Saal, das Gesicht vor Panik verzerrt. Alarmiert rennt Julie ihm nach. Jack schaut die anderen an.

JACK: Ihr bleibt hier.

Dann folgt er Julie und Tommy. Er findet die beiden in einem kleinen Raum mit Rohren und einem Waschbecken an der Wand. An der Decke hängen zwei riesige Lampen wie in einem OP. Julie steht mitten im Raum, Tommy zugewandt. Tommy stößt sich heftig von der Stirnwand ab und schaut sie beide angstvoll an. Er geht auf Julie zu.

TOMMY: (laut) Ich will das nicht tun. Ich kann nicht zurückgehen!

Jack hält ihn auf und stößt ihn zurück.

JACK: (energisch) Du musst.

Tommy sieht erst ihn, dann Julie verzweifelt an. Sie streckt die Hand nach ihm aus.

TOMMY: Nein! Ich weiß, was geschehen wird! Sie schicken mich zurück an die Front, zurück in die Schützengräben. (er schaut Julie flehentlich an) Hilf mir!
JULIE: (beschwörend) Du musst zurückgehen.
TOMMY: (klagend) Warum ich?

Er hebt die Hand mit dem Schlüssel, dann lässt er ihn fallen. Julie schaut erst auf den Schlüssel, dann sieht sie Jack ratlos an. Er erwidert ihren Blick.

TOMMY: (zu Jack, aggressiv) Ihr seid nicht besser als die Generäle. Sitzt sicher hinter den Linien und schickt uns in die Schlacht. Jeder von euch könnte gehen, aber ihr seid nicht Manns genug, ihr schickt mich!
JACK: (defensiv) Wir gehören hierher.

Er senkt den Blick, kann Tommy nicht in die Augen sehen. Der kommt langsam, drohend auf ihn zu.

TOMMY: (provozierend) Ich bin mein ganzes Leben herumkommandiert worden. Von der Armee, von Torchwood.

Er steht jetzt genau vor Jack, stößt fast mit ihm zusammen. Jack schiebt ihn zurück.

JACK: Hey, hey.

Nun dreht Tommy sich zu Julie. Mit Tränen in den Augen sieht er sie an.

TOMMY: (mutlos) Alles, was ich hier hatte, bedeutet gar nichts.

Julie sieht ihn nur an, sie hat ebenfalls Tränen in den Augen und streckt mit einer hilflosen Geste die Hand nach ihm aus. Tommy wendet sich weinend ab und geht zur Stirnwand des Raums, schleppend, mit hängendem Kopf und Schultern – ein Bild des Jammers. Julie sieht Jack hilflos an. An der Wand dreht Tommy sich um und schaut zu Julie, Tränen laufen ihm über das Gesicht. Er lässt sich an der Wand entlang zu Boden sinken und kauert sich dort zusammen, das Gesicht in den Armen vergraben. Jack presst die Lippen zusammen und will zu ihm gehen, aber Julie hält ihn auf.

JULIE: (leise) Jack? Bitte, lass’ mich.

Jack schaut sie fragend an, dann nickt er. Im Hinausgehen legt er ihr die Hand auf die Schulter.

JACK: Ihr habt nur noch zwei Minuten.

Julie geht zu Tommy, auf dem Weg hebt sie den Schlüssel auf. Neben Tommy kniet sie sich hin und legt ihm die Hand auf die Schulter. Tommy zuckt zurück und rückt von ihr ab. Abweisend starrt er vor sich hin, aber die Angst ist ihm anzusehen. Julie schaut zu Boden, sie sucht nach den richtigen Worten.

JULIE: Tommy, hör’ mir zu, ich bitte dich. (Tommy dreht den Kopf stattdessen noch etwas weg) Ich werde dir jetzt nicht sagen, dass du ein Held sein wirst. Denn das ist dir im Moment völlig egal, nicht wahr? Aber du bist der einzige, der die Zeitverschiebung aufhalten kann.

Jetzt schaut Tommy sie an, verzweifelt.

TOMMY: Ich kann das nicht!

Julie rückt ganz nah an ihn heran, drückt ihm den Schlüssel in den Schoß und nimmt ihn in die Arme. Diesmal lässt Tommy es zu. Julie küsst ihn zärtlich auf die Wange und legt dann die Hände um sein Gesicht, dreht es so zu sich.

JULIE: (leise) Du kannst es, das glaube ich ganz fest. Ich will auch nicht, dass du gehst. Aber wenn die Zeitverschiebung nicht gestoppt wird, wird das keiner von uns überleben. Wir haben keine andere Wahl.
TOMMY: (weinerlich) Ich will kein Held sein. Ich will einfach mit dir zusammen sein.

Julie sieht Tommy intensiv an, er ist wie hypnotisiert.

JULIE: Wenn nicht für andere, dann tu’ es für mich …

Dann ist wieder das Dröhnen des Risses zu hören, ein heftiger Windstoß bläst ihnen ins Gesicht. Beide blicken alarmiert auf, als ein blendend helles Licht erscheint. Beide wenden sich ab und schließen schützend die Augen. Der Riss öffnet sich direkt vor ihnen, auf der anderen Seite stehen Gerald und Harriet im Jahr 1918. Sie schauen verdutzt auf die beiden anderen. Dann scheint Erkennen in ihren Augen auf, als sie Julie sehen. Die schaut die beiden warnend an und schüttelt ganz kurz den Kopf, als Gerald den Mund öffnet.

GERALD: Hallo?
JULIE: (zu Tommy) Sag’ es ihnen.
GERALD: Was soll er uns sagen?
JULIE: (zu Tommy) Sag ihnen, was zu tun ist. Du bist der einzige, der es stoppen kann. Wenn du es nicht tust, ist das das Ende. Das Ende von Allem! Tommy!

Einen langen Augenblick starren sich alle nur an. Dann springt Tommy auf und kommt an den Riss, den Schlüssel in der Hand.

TOMMY: Holen Sie mich. Ich bin da im Krankensaal, im Jahr 1918. Sie müssen mich mitnehmen, damit ich jetzt hier sein kann. Holen Sie mich jetzt!

Der Wind und das blendende Licht kommen wieder und der Riss schließt sich – für den Moment. Tommy sieht sich nach Julie um, sie kommt zu ihm und legt die Hand auf seinen Arm.

TOMMY: Bald werde ich fort sein.

Julie nickt und legt die andere Hand auf den Schlüssel, den Tommy an seine Brust gedrückt hat.

JULIE: Denke an den Schlüssel. Du musst ihn benutzen. (Sie küsst ihn) Es wird sein, als wärst du nie fort gewesen. Wenn du wieder in deinem Bett liegst, benutze den Schlüssel. (Tommy nickt, aber er wirkt geistesabwesend. Julie bemerkt es, ihre Stimme wird beschwörend) Tommy? Denke daran. (Sie schaut zu der Stelle, wo der Riss war) Es ist fast soweit.

Sie küssen sich noch einmal hastig, da erklingt schon wieder das Dröhnen des Risses. Julie streicht Tommy noch einmal über die Wange, dann macht er ein paar Schritte nach vorne, auf den Riss zu. Julie sieht ihm nach, sie ist wieder den Tränen nahe. Das Licht erscheint wieder, der Wind weht. Nun steht Tommy direkt darin. Er blickt sich noch einmal zu Julie um, bis das Licht alles überstrahlt.

Als das Licht verschwindet, findet er sich in einem Abstellraum wieder, im Jahr 1918, den Schlüssel immer noch an sich gedrückt. Verwirrt schaut er sich um. Eine Krankenschwester kommt herein und scheucht ihn erstaunt raus.

KRANKENSCHWESTER: Was machen Sie hier? Sie sollten nicht hier drin sein.

Sie greift sich ein Laken aus dem Regal und geht ihm nach.
In 2008 gehen Jack und der Rest des Team einen der Flure entlang, als Julie von der anderen Seite auf sie zugerannt kommt. Sie gestikuliert, als wolle sie Hühner vor sich her scheuchen.

JULIE: Lauft, lauft!

Die anderen reagieren sofort, drehen auf dem Absatz um und rennen los.

IM KRANKENSAAL DES ST. TEILOS HOSPITALS, 1918

Der Tommy des Jahres 1918 liegt in seinen Bett, halb aufgerichtet, völlig verwirrt, einen Zipfel der Bettdecke verkrampft in den Händen, als warte er auf irgendetwas. Gerald und Harriet eilen in den Raum und bleiben vor seinem Bett stehen. Fragend sieht Tommy die beiden an. Sie lächeln, es soll wohl beruhigend wirken.

GERALD: Tommy, ich denke, Sie sollten besser mit uns kommen.

Er zieht Tommy die Decke aus den Händen und schlägt sie zurück.

TOMMY: Warum?
GERALD: Keine Angst. Ich heiße Gerald und dies hier ist Harriet. Wir werden uns um Sie kümmern.
TOMMY: Wer sind Sie?
GERALD: Wir sind Torchwood.

Er hält Tommy seine Hand hin, doch der sieht noch verwirrter aus als vorher.

TOMMY: (ängstlich) Wohin gehen wir?
GERALD: Wo Sie sicher sind. Vertrauen Sie mir.

Tommy steht auf, Gerald hilft ihm dabei, und zieht seine Jacke an. In diesem Moment erscheint der Tommy des Jahres 2008 in der Tür am anderen Ende des Saales. Gerald bemerkt ihn und geleitet den Tommy1918 schnell aus dem Raum, damit sie sich nicht begegnen.

GERALD: Alles in Ordnung. Keine Sorge. Schauen Sie nicht zurück.

An der Tür dreht sich Gerald noch einmal um und schaut den Tommy aus 2008 direkt an, der die Szene von der anderen Tür aus beobachtet hat, aber offenbar nicht erkennt, was er da sieht. Dann geht er den beiden anderen nach. In diesem Moment lenkt die Schwester, die noch immer hinter ihm ist, Tommy2008 ab.

KRANKENSCHWESTER: Sie sollten im Bett sein.

Verwirrt dreht Tommy den Kopf zu ihr, dann geht er weiter in den Raum, auf das nun leere Bett zu. Im Gehen zieht er seine Jacke aus, dann legt er sich ins Bett. Er wirkt wie in Trance. Die Schwester schüttelt ihm das Kissen auf und zieht die Decke hoch.

KRANKENSCHWESTER: Es ist sogar noch warm. Sie waren nicht lange fort.

IN DER TORCHWOOD-BASIS

Das Team kommt durch das Rolltor herein. Als das Tor sich wieder schließt, verstummt der Alarm, aber die Riftsirene heult weiter. Alle schauen sich alarmiert oder ratlos an und eilen zu den Computern.

GWEN: Was ist los?
TOSH: Keine Ahnung.
JULIE: Die Zeitverschiebung ist immer noch aktiv.
JACK: Toshiko, zeig' mir einen Plan der Stadt, schnell!

Toshiko ruft einen Stadtplan auf ihrem Bildschirm auf, eine Menge kleiner roter Lichtpunkte sind darauf zu sehen. Und es werden immer mehr.

TOSHIKO: Es breitet sich vom Krankenhaus immer weiter aus.
GWEN: Was zur Holle ist das?
JACK: Stücke der Vergangenheit, in die Gegenwart einbrechend.
OWEN: (entsetzt) Sie sind überall.
GWEN: Was ist denn mit dem Riftschlüssel?
JULIE: (ratlos) Tommy scheint ihn noch nicht benutzt zu haben.
IANTO: Warum?
JULIE: (aggressiv) Ich weiß es nicht! Vielleicht, weil er gerade 90 Jahre zurückgegangen ist? Vielleicht weil er traumatisiert ist?

Sie dreht sich mit blitzenden Augen zu Ianto um. Der zuckt entschuldigend mit den Schultern und wendet sich ab. Jack beobachtet sie besorgt.

JACK: Einer von uns muss zurückgehen.

Er will schon zur Tür gehen, da hält Owen ihn zurück.

OWEN: Jack, warte! Du würdest im Jahr 1918 festsitzen. - Ich habe eine Idee.

Er geht zum Autopsieraum, die anderen folgen ihm. Owen beginnt hastig, einen Überwachungsmonitor und andere Dinge heranzuschleppen, während er spricht.

OWEN: Die Zeitverschiebungen halten den Riss geöffnet. Wenn wir um beeilen, können wir das zu unseren Vorteil nutzen. (Er geht zum Kühlschrank mit den Blutproben und nimmt ein Röhrchen heraus.) Eine kleine Menge sollte genügen. Wir kennen Tommys genauen Standpunkt, zeitmäßig. Wenn wir ein Bild von dir zu ihm schicken könnten …
JACK: Könnte ich in Tommy Bewusstsein gelangen.
OWEN: Genau, als Projektion. Wenn wir Glück haben.
GWEN: (Zu Jack) Und Tommy könnte dich sehen.

Dass Ianto abwehrend beide Hände gehoben hat, und seinen entsetzten Gesichtsausdruck über das, was die anderen sich da gerade zusammenspinnen, bemerkt nur Julie. Sie sieht ihn ernst an, dann nickt sie fast unmerklich. Sie beteiligt sich nicht an der Diskussion, sondern steht nur ganz still da und beobachtet.

JACK: So könnten wir ihn dazu bringen, den Schlüssel zu benutzen.

Aber er schaut auch plötzlich zweifelnd, sein Blick schweift ab. Julie macht eine kleine Bewegung, als wolle sie vortreten und hebt etwas die Hand. Jack sieht sie fragend an. Owen bereitet eine Spritze vor, aber eine Handbewegung von Jack lässt ihn innehalten. Zwischen ihm und Julie spielt sich wieder diese wortlose Kommunikation ab, die alle anderen ausschließt. Gwen, Ianto, Owen und Toshiko beobachten es argwöhnisch.

JULIE: Ich werde es machen. Ich habe wohl den besseren Draht zu Tommy.

Jack lächelt schief, er nickt.

JACK: Genau.

Julie setzt sich in den Behandlungsstuhl, Owen bringt mehrere Elektroden auf ihrer Stirn an.

JULIE: Wie viel Zeit bleibt mir?
OWEN: Ein paar Minuten.
JACK: (besorgt) Du hast nur einen Versuch, Julie. Mehr nicht.
OWEN: Bereit?

Julie nickt, er injiziert ihr das Blut. Sie schließt die Augen, konzentriert sich. Owen und Jack stehen neben ihr, an beiden Seiten des Stuhls. Owen besorgt beobachtend, Jack eher ruhig. Er blickt kurz auf seine Armbanduhr.

IM ST. TEILOS HOSPITAL, 1918

Hier sind die Auswirkungen des noch geöffneten Risses als reale Erschütterungen zu spüren, wie ein Erdbeben. Chaos ist ausgebrochen, die Schwestern und Verwundeten laufen durcheinander, Schreie sind zu hören. Tommy sitzt in seinem Bett, immer noch mit diesem völlig verwirrten Gesichtsausdruck, den Schlüssel fest in der Hand. Aber er weiß anscheinend nicht, was er damit anfangen soll. Auf einmal sitzt Julie an seinem Bett. Tommys Blick schweift zu ihr, aber er sieht sie nur verwirrt an, erkennt sie nicht.

JULIE: Tommy. Tommy. Tommy.
GWEN: (nur ihre Stimme aus der Basis) Sie hat ihn gefunden.
JULIE: Ich bin’s, Tommy.Julie.

Tommy sieht sie verständnislos an.

TOMMY: Wer?

Julies Gesicht verzieht sich schmerzlich, sie streckt die Hand nach ihm aus, lässt sie dann aber wieder sinken.

JULIE: Erinnerst du dich nicht? Ich bin hier, um dir zu helfen.

Tommy hält ihr ratlos den Riftschlüssel hin.

TOMMY: Gehört das dir?
JULIE: (kopfschüttelnd, mit einem leichten Lächeln) Nein. Das ist ein Schlüssel, Tommy. Er gehört dir. Du musst ihn benutzen.

Sprung in die Basis 2008. Julie liegt mehr in dem Stuhl, mit geschlossenen Augen, als dass sie sitzt. Alle stehen wortlos um sie herum, mit besorgten Gesichtern. Jack hält ihre Hand.

Zurück im Krankenhaus im Jahr 1918:

TOMMY: Ich habe Angst.
JULIE: (beruhigend) Das macht nichts.
TOMMY: (angstvoll) Darum bin ich hier. Ich bin … ich bin ein Feigling.

Wieder streckt Julie die Hand nach ihm aus und wieder lässt sie sie gleich wieder sinken.

JULIE: (beschwörend) Das stimmt nicht!

Sie sieht ihm fest in die Augen und Tommy scheint von ihrem bernsteinfarbenen Blick wie gebannt. Einen Moment sagt keiner von ihnen etwas. Es sieht aus, als wolle Julie mit ihrem Blick Tommys Erinnerungen an die gerade erst passierten Geschehnisse an die Oberfläche zwingen. Und wirklich, Tommys Gesichtsausdruck verändert sich, wird ruhiger. In seinen Augen scheint so etwas wie Verstehen aufzuglimmen.

TOMMY: Wofür kämpfe ich eigentlich?
JULIE: (ihr Lächeln wirkt jetzt echter) Für die Zukunft. Für mich. (Sie schweigt einen Moment, als fiele ihr gerade etwas ein. Dann wird ihr Lächeln strahlend) Weil du mein strahlender Held bist. Tommy, benutze den Schlüssel, tue es für mich, bitte!

Tommy schaut auf das Gerät, das er immer noch in der Hand hält, die in seinem Schoß liegt. Dann hebt er es und dreht mit der anderen Hand an dem Schlüssel. Ein Ring bewegt sich, ein goldener Schimmer erstrahlt und erlischt gleich wieder. Das Dröhnen des Risses erklingt, zunächst nur leise.

JULIE: Danke. (Sie streckt wieder die Hand nach ihm aus, beugt sich ganz nach vorne, um seine Wange zu berühren. Aber ihre Hand geht durch ihn hindurch. Enttäuschung und Verzweiflung liegen in ihrem Blick, als wolle sie sagen, ich hab’s doch gewusst) Ich werde dich nie vergessen.
TOMMY: Goodbye.

Das Dröhnen wird lauter und lauter, das gleißende Licht scheint auf. Julies Gestalt verschwindet langsam darin. Aber Tommy blickt sie unverwandt an, bis sie verschwunden ist. Und Julie erwidert seinen Blick.

IN DER TORCHWOOD-BASIS, 2008

Im Autopsieraum öffnet Julie mit einem Keuchen die Augen und richtet sich ruckartig in den Stuhl auf. Jack berührt sie sofort und murmelt irgendeinen beruhigenden Unsinn. Alle atmen erleichtert auf.

OWEN: Alles in Ordnung.

Julie schaut sofort Jack an. Sie weint.

JULIE: Er hat es getan.

Jack umarmt sie. Julie klammert sich an ihn. Die anderen schauen verlegen und entfernen sich leise. Nur Ianto zögert, aber auf einen strengen Blick von Jack hin geht auch er. Julies Schultern zucken, sie weint lautlos. Jack hält sie fest, auch er hat Tränen in den Augen.
Später, viel später im Besprechungsraum. Julie packt Tommys Kleidung in den Karton, der vorher seine alten Sachen enthielt. Es wirkt wie eine Zeremonie, jedes Stück hält sie lange in der Hand, faltet es dann sorgfältig zusammen und legt es in den Karton, als sei es zerbrechlich wie ein rohes Ei. Jack tritt leise ein, aber natürlich hat Julie ihn schon bemerkt. Doch das einzige Zeichen dafür ist ein leichtes Heben des Kopfes. Jack tritt zu ihr und streicht mit der Hand über ihren Rücken. Julie schiebt den Deckel auf den Karton und schließt den Riemen darum.

JULIE: Wieder ein Abschied für immer …
JACK: (leise) Aber er war nicht umsonst.

Julie dreht sich zu ihm um, eine Hand immer noch auf dem Karton. Mit der anderen greift sie nach Jacks.

JULIE: Erst dachte ich, er würde mich nicht erkennen. Aber dann war da sein Blick ... Er hat mir bis zuletzt vertraut.
JACK: Weil du immer für ihn da warst. All diese Jahre – oder Tage, wenn du so willst. Er hat dich geliebt dafür.

Julie wendet den Blick ab, schaut zu Boden.

JULIE: (leise) Ja. Bald wird er nur noch eine Erinnerung sein. Und irgendwann ist sein Gesicht nur noch ein undeutlicher Schatten wie all die anderen… du bist der einzige, der bleibt …

Jack greift nach ihrer anderen Hand und zieht sie fast mit Gewalt von dem Karton, auf dem sie immer noch ruht. So zwingt er Julie ihn anzusehen. Sein Blick hält ihren fest, der wieder abzuschweifen droht, seine Stimme klingt beschwörend.

JACK: So ist es eben. Du bist stark. Du wirst darüber hinweg kommen. Wie du es immer schaffst.

Julie sieht ihn zweifelnd an, dann tritt sie ganz nah an ihn heran. Jack umarmt sie und sie erwidert seine Umarmung, hält ihn ganz fest, hält sich an ihm fest. Eine Zeitlang bleiben sie so stehen, Julies Gesicht an seiner Schulter verborgen, Jacks zeigt Besorgnis. Als er spürt, dass ihr Griff lockerer wird, setzt er ein Lächeln auf, drückt er sie etwas von sich weg und sieht sie an.

JACK: (betont munter) Lass’ uns etwas spazieren gehen. Ich denke, wir könnten beide etwas frisches Luft gebrauchen.

Julie sieht ihn forschend an, dann nickt sie. Arm in Arm gehen sie aus dem Raum.

Kurze Zeit später sieht man sie engumschlungen langsam die Promenade am Quai entlanglaufen, Jack in seinem grauen, Julie in ihrem schwarzen Mantel. Wie sie da so entlang spazieren, wirken sie wie ein ganz normales Paar …


#One of these mornings
Won’t be very long
You will look for me
And I’ll be gone.#