TORCHWOOD
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2-03: Bis zum letzten Mann Ein Mann und eine Frau gehen durch einen Korridor. Die Frau ist weit voraus, sie läuft schon die Treppen herunter, während er noch oben auf dem Absatz steht. GERALD: Nicht so schnell. Hast du damit etwas reinbekommen? Die Frau schaut auf das Gerät, das sie in der Hand hält. HARRIET: Warte mal. Ja, folge mir, Gerald. Sie geht weiter, Gerald folgt ihr. Kurz darauf bleiben sie wieder stehen. GERALD: Und? Sie bückt sich, um die Handtücher wieder aufzusammeln. Gerald kniet sich hin um ihr zu helfen. GERALD: Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie wüssten inzwischen, dass wir hier
herumschleichen. Harriet und Gerald gehen mit der Schwester durch einen voll belegten Krankensaal. KRANKENSCHWESTER: Bedenken Sie, die Hälfte von ihnen sieht irgendwelche
Dinge. Sie bleiben an einem Bett stehen. Ein junger Mann liegt darin, schlafend. KRANKENSCHWESTER: (bedauernd) Sobald es ihnen besser geht, werden sie zurück
an die Front geschickt. Plötzlich lässt ein rumpelndes Geräusch sie aufblicken. Der junge Mann erwacht. Alarmiert sehen Harriet und Gerald sich an. Harriet schaut auf ihr Gerät. HARRIET: Gerald. Sie eilen durch den Saal und einen Korridor in einen Abstellraum. Ein blendend helles Licht scheint auf und die beiden kneifen ihre Augen
reflexartig zusammen. Ein Riss öffnet sich. Man sieht erst schemenhaft, dann deutlich
zwei Personen auf der anderen Seite. Ein junger Mann sitzt mit vor Entsetzen verzerrtem
Gesicht und angezogenen Beinen auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt. Es ist der
Soldat, an dessen Bett sie gerade standen. Neben ihm kauert Julie, sie hält ihn in den
Armen. Beide schauen Gerald und Harriet an. Die sehen vor allem Julie mit verblüfftem
Gesichtsausdruck an und tauschen einen kurzen Blick. Dann öffnet Gerald den Mund, als
wolle er etwas sagen. Aber auf ein kurzes Kopfschütteln und einen abweisenden Blick von
Julie scheint er es sich zu überlegen und sagt etwas anderes. Tommy springt auf und kommt an den Riss. Er trägt einen gestreiften Schlafanzug, darüber eine Militärjacke. TOMMY: (beschwörend) Holen Sie mich. Ich bin dort in dem Saal, im Jahr 1918. Sie müssen mich mitnehmen, damit ich hier sein kann. Bitte, nehmen Sie mich mit! Ohne ein Wort drehen Gerald und Harriet sich um und eilen in den Krankensaal zurück. An Tommys Bett bleiben sie stehen. Tommy hat hier ebenfalls einen gestreiften krankenhauseigenen Schlafanzug an und schaut verblüfft zu ihnen auf. GERALD: Tommy, ich denke, Sie sollten besser mit uns kommen. Jack sitzt in seinem Büro, er scheint auf etwas zu warten. Der kleine mechanische Kalender rutscht klickend auf ein neues Datum: Freitag, der 20. Juni 2008, 00:00 Uhr. Jack blickt kurz darauf, dann schaut er zur Tür. Julie steht dort, mit ihrem Rucksack. Jack steht auf. Sie kommt herein, nimmt dabei den Rucksack ab und stellt ihn ab. Wortlos umarmen die beiden sich. Dann setzt sich Jack wieder an den Schreibtisch und Julie in den Stuhl davor. Sie schaut auf den Kalender und lächelt. Dann sieht sie Jack an und wird wieder ernst. Jack beugt sich vor und stützt die Arme auf den Schreibtisch. JACK: Und? Jack schüttelt langsam den Kopf. JACK: Nein, das ist äußerst unwahrscheinlich. Aber wir können nichts weiter tun als unsere Informationen weiter zu geben. Jedenfalls im Moment nicht. Julie nickt und fährt sich mit der Hand über die Augen. Sie sieht müde aus. Dann schaut sie Jack an und lächelt strahlend. JULIE: Es ist der zwanzigste Juni. Ich werde noch ein paar Stunden schlafen und mich dann mal schick machen. Sie steht auf und will gehen. JACK: (grinsend) Etwas Wasser und Seife könnten auch nicht schaden. Julie dreht sich zu ihm um und macht eine Geste, als wolle sie ihn schlagen, aber auch sie grinst. Dann streckt sie ihm die Zunge heraus und geht. IN DER TORCHWOOD-BASIS, AM NÄCHSTEN MORGEN Ianto und Gwen unterhalten sich mit Jack in seinem Büro. Der kleine Kalender zeigt immer noch Freitag, den 20., aber 09:00 Uhr morgens. GWEN: Und wer ist er? Jack geht in die Haupthalle, Ianto folgt ihm. Gwen lächelt noch einen
Moment, dann verblasst ihr Lächeln und sie wechselt zu einem Ausdruck völliger
Verblüffung, als ihr klar wird, was Jack gerade gesagt hat. Owen werkelt an seinem
Schreibtisch herum. Toshiko arbeitet an ihrem Computer. Gwen schaut Julie verblüfft an. JULIE: (ironisch) Sieht so aus, nicht wahr, Owen? Sie lächelt und streicht mit der Hand über ihre Hüfte. Aber man sieht ihr an, dass sie sich nicht recht wohl fühlt in dem Kleid. GWEN: Ich habe dich noch nie in einem Kleid gesehen, Julie. Sie lächelt versonnen, Gwen sieht sie fragend an. Aber Julie hat sich schon umgedreht und geht in Richtung Korridor. Dabei hakt sie sich bei Jack ein, der lächelnd an der Tür auf sie gewartet hat. Ianto, der daneben steht, sieht sie nachdenklich an. GWEN: (aufgesetzt fröhlich) Nun, wo ist er? Jack dreht kurz den Kopf zu ihr. JACK: In der Kryokammer. In der Kryokammer gehen Jack und Julie zielstrebig zu einem der Fächer in der Stirnwand. Jack öffnet das Fach und zieht den Behälter heraus. JACK: Er ist hier seit 90 Jahren, länger als
irgendjemand von uns. Jedenfalls länger als jeder von euch. Im Sichtfenster des Behältnisses wird das
Gesicht des jungen Soldaten sichtbar, den Gerald und Harriet 1918 aus dem Krankenhaus
geholt haben. OWEN: Wir müssen ihn ungefähr alle zwölf Monate einmal aufwecken. Nun, ihn
auftauen. Nur für einen Tag, dann kommt er zurück in den Gefrierschrank. TOMMY: Geh weg von mir, lass mich! Tommy schlägt in Panik so wild um sich, dass Owen einen Faustschlag abbekommt. Benommen stolpert er zurück und hält sich das Kinn. Julie greift ein. Sie fasst Tommy bei den Schultern, beugt sich über ihn und sieht ihn beschwörend an. JULIE: Tommy! Tommy, schon ruhiger, blickt sich um. TOMMY: Torchwood. Alle grinsen. Julie schaut zu Ianto. Bittend zieht sie Augenbrauen hoch und
lächelt ihn an. Erst reagiert Ianto nicht, aber dann bemerkt er doch, dass er gemeint
ist. Er nickt kurz und macht sich dann auf den Weg. IANTO: Gewöhnt euch nicht an das Sonntagsgeschirr. Tommy schaut die anderen an und macht eine einladende Geste. TOMMY: Hier, bedient euch. Das ist genug, um eine Armee zu versorgen. Zwischen zwei Bissen schaut Tommy zu Julie. TOMMY: Hübsches Kleid. Julie lacht laut auf, sie kann sich gar nicht mehr beruhigen. Ianto antwortet stattdessen. IANTO: So ist die Mode dies Jahr. Julie hat sich inzwischen wieder beruhigt und wischt sich die Lachtränen aus den Augen. JULIE: (grinsend) An den Tag war es so kalt, viel zu kalt für Juni. Aber ich wollte dir diesen Anblick nicht vorenthalten. Und dein Gesichtsausdruck damals hat mich auch voll für die Friererei entschädigt. Die beiden grinsen sich an. Gwen schaut ratlos von den beiden zu Jack, der die beiden lächelnd beobachtet. GWEN: Ich komme immer noch nicht mit. Warum ist er hier? Nach dem Essen begeben sich Julie, Tommy und Owen wieder in den Autopsieraum.
Owen nimmt noch ein paar Tests vor. Sie nickt Tommy auffordernd zu. Er weiß offenbar, was kommt und seufzt theatralisch. TOMMY: (mit monotoner Stimme) Tommy Reginald Brockless, geboren 7. Februar
1894 in Blackley, Manchester. Unteroffizier im 10. West Yorkshire Regiment. In Jacks Büro versucht Jack inzwischen, Gwen die Zusammenhänge zu erklären. JACK: St Teilos Hospital, 1918. Es gab da eine Zeitverschiebung. Ein Riss
bewirkte, dass zwei verschiedene Zeitabschnitte sich ineinander schoben. Jack geht zum Tresor, drückt ein paar Knöpfe. Dann öffnet er die Klappe, ein kleiner Kasten steht in dem Fach. Jack holt ihn heraus. JACK: Irgendwie wird er uns helfen es aufzuhalten. Torchwood 1918 hat uns dafür Anweisungen hinterlassen, allerdings verschlossen. Jack reicht ihr den kleinen metallenen Behälter, er sieht fast aus wie eine Teedose. Gwen liest, was auf der Dose steht. GWEN: "Streng geheime Dokumente. Nur für Torchwood Befehlshaber. Überwachungsfall 1918/T.B." Tommy Brockless? Jack nickt. Gwen versucht, den Behälter zu öffnen. GWEN: Okay. Er klemmt. Tommy, neu eingekleidet, und Julie kommen herein. Julie deutet theatralisch auf ihn. JULIE: Tada ... GWEN: Du siehst aus wie ein Filmstar. TOMMY: Wer? Charlie Chaplin? Alle grinsen. Julie nimmt Tommys Arm und zieht ihn wieder zur Tür. JULIE: Komm mit. Sie verlassen das Büro. Jack und Gwen sehen ihnen gedankenverloren nach,
jeweils an eine Seite des Türrahmens gelehnt. Julie und Tommy gehen, beieinander eingehakt, durch die Halle, an Owen und Toshiko vorbei. JULIE: Bis später, Leute. Julie schaut noch einmal zu Jack. JULIE: Du weißt, wie du mich erreichen kannst. Aber bitte nur, wenn es wirklich dringend ist. Jack nickt lächelnd. GWEN: Habt eine schöne Zeit. Die beiden verschwinden durch das Rolltor. Gwen schaut ihnen nach. GWEN: (nachdenklich) Er ist ein eingefrorener Soldat aus dem Jahr 1918. Gwen sieht ihn fragend an. Er geht zurück in sein Büro, Gwen folgt ihm. AM HAFEN ETWAS SPÄTER Tommy und Julie laufen die Promenade entlang, immer noch eingehakt. Tommy fast im Laufschritt, Julie mehr hinter sich herziehend, als dass sie spazieren gehen. JULIE: (etwas atemlos) Langsam, langsam, warum diese Eile? Sein Blick fällt auf ein Denkmal. JULIE: Captain Scott... Er brach von hier zu seiner Reise in die Antarktik
auf. Kopfschüttelnd wendet er sich ab und sieht Julie auffordernd an. Die erwidert seinen Blick nachdenklich. TOMMY: Oh, ich vergaß, das weißt du ja alles. Warst ja hier. Also,
was hast du gemacht, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? Tommy lacht nur. Julie lächelt zurück. JULIE: Was? Beide schweigen. Julie schaut über das Hafenbecken, Tommy über ihre Schulter in die Ferne. Dann sieht Tommy sie an. TOMMY: Du und Jack, wie haltet ihr das aus? Sie lacht ihn jetzt strahlend an und nimmt seine Hand. Laufend zieht sie ihn mit sich. JULIE: Tommy, komm! Wir haben nur diesen Tag, lass ihn uns voll auskosten! Tommy schaut erst verblüfft über ihren plötzlichen Stimmungsumschwung, dann lässt er sich lächelnd mitziehen. IN DER TORCHWOOD-BASIS ZUR GLEICHEN ZEIT Gwen ist Jack in sein Büro gefolgt, ihr brennen noch einige Fragen auf der Zunge. GWEN: Jack, das Verhältnis zwischen Tommy und Julie scheint mir ziemlich
vertraut. Wie lange kennt sie ihn schon? Jack sieht Gwen lächelnd an, sie schaut eher ernst und sehr nachdenklich. IN EINEM PUB IN CARDIFF Er schaut über die Schulter zu Julie, die neben ihm steht, ob die Bestellung so richtig ist. Sie nickt lächelnd. Da weckt ein knatternder Lärm, der aus dem Fernseher über der Bar kommt, Tommys Aufmerksamkeit. Es ist eine Nachrichtensendung, ein Gefecht wird gezeigt. NACHRICHTENSPRECHER: 20 irakische Zivilisten wurden bei einem Autobombenanschlag in Basra, Südirak, getötet. Eine britische Patroille Der Bericht geht weiter, Bilder von gepanzerten Fahrzeugen und schießenden Soldaten werden gezeigt. JULIE: Irak. Der Barkeeper stellt die beiden Gläser vor ihm auf den Tresen, Tommy nimmt sie, sie gehen zu einem der Tische und setzen sich. TOMMY: Hast du dich jemals gefragt, ob wir es wert sind, gerettet zu werden?
Die menschliche Rasse, meine ich. Julie lächelt und streicht ihm mit der Hand über die Wange. Dann beugt sie sich vor und küsst ihn zärtlich. Als sie sich wieder setzt, schauen sie sich immer noch in die Augen und lächeln. Julie legt ihre Hand auf seine, er hält sie mit beiden Händen. Doch plötzlich zuckt er zusammen und fasst sich an die Schläfe. Er verzieht das Gesicht, als verspüre er Schmerzen. Alarmiert sieht Julie ihn an. JULIE: (besorgt) Was ist? Was hast du? TOMMY: Keine Ahnung. Nur ein Gefühl ... IN DER TORCHWOOD-BASIS ZUR GLEICHEN ZEIT Gwen sitzt an Jacks Schreibtisch und sieht sich alte Fotos an. Ianto steht hinter ihr. Sie hat ein Foto von Gerald und Harriet in der Hand. GWEN: Er sieht nicht schlecht aus. Die beiden sehen sich an und lächeln wissend. Gwen legt nachdenklich das Foto auf den Tisch, und steht auf. Sie geht in die Halle, greift nach ihrer Jacke und wendet sich zum Gehen. Ianto kommt ihr hinterher. IANTO: Wohin gehst du? Sie geht hinaus, Ianto schaut ihr ernst hinterher. IM ST. TEILOS KRANKENHAUS ETWAS SPÄTER Gwen läuft langsam durch die leeren Räume und schaut sich um. Nur etwas Müll liegt herum, sonst ist alles leer und still. Dann hört sie auf einmal Gelächter hinter sich. Aber als sie herumfährt, ist niemand zu sehen. Plötzlich erscheint ein Mann auf Krücken, in einem gestreiften Schlafanzug. Ein Bein ist unterhalb des Knies amputiert. Die Lampen beginnen zu flackern. Gwen schaudert, sie schaut beunruhigt. GWEN: Hallo? Ich sagte hallo. Können Sie mich hören? Wenn Sie Während sie spricht, kommt er auf sie zu, immer schneller. Sie weicht erschrocken zurück, bis sie mit dem Rücken an der Wand steht. Sie bedeckt ihre Augen mit den Händen. Ein erschrockenes Quietschen entfährt ihr dann ist die Gestalt verschwunden. Gwen schaut sich ängstlich um. Dann nimmt sie ihre Suche wieder auf, hastet durch dunkle Flure. In einem größeren Raum steht Baumaterial herum. GWEN: Hallo? Die Lichter flackern wieder. Plötzlich legt sich von hinten eine Hand auf Gwens Schulter. Sie fährt mit einem Schreckensschrei herum. Aber dort steht nur ein Bauarbeiter, der sie besorgt ansieht. BAUARBEITER: Alles in Ordnung, Kleine? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. Etwas später ist Jack dort. Gwen hat ihn angerufen, nachdem sie mit den Arbeitern gesprochen hat. JACK: Sie reißen das Krankenhaus ab? In einem anderen Teil des Krankenhauses sind die Abrissarbeiten in vollem
Gange. Arbeiter reißen die Wände mit Vorschlaghämmern ein. Aber dort, wo Jack und Gwen
sich befinden, ist alles still und dunkel. Langsam bewegen sie sich mit eingeschalteten
Taschenlampen durch die Korridore, sich immer wieder umsehend. Plötzlich bleibt Jack
stehen und blickt sich suchend um. Er zeigt in einen abzweigenden Korridor. Gwen nickt. Sie gehen langsam
getrennt weiter, die Lichtkegel der Taschenlampen wandern hin und her. Da erscheint vor
Jack eine Gestalt am anderen Ende des Flurs im Licht. Ein Mann in Schlafanzug und
Morgenmantel, er sitzt in einem altmodischen Rollstuhl, den eine Krankenschwester schiebt. Er versucht Gwen zu erreichen, die in einem anderen Korridor unterwegs ist. Sie geht in einen Raum, der im Dunkeln liegt, und betätigt den
Lichtschalter. Die nackte Neonröhre, die an der Decke hängt, geht an, aber sie flackert
die ganze Zeit. Erschrocken weicht sie zurück, denn vor ihr sitzt ein Mann. Er sitzt
zusammengesunken auf einem Stuhl an der gegenüberliegenden Wand. Dann kommt noch eine
Krankenschwester von der Seite herein und geht zu ihm, ohne Gwen zu beachten. Die Krankenschwester hilft dem Mann auf und führt ihn in den angrenzenden Raum, dann geht sie in einen angrenzenden Flur. Aber nach einem Moment bleibt sie stehen und schaut Gwen direkt an. Erkennen scheint in ihren Augen auf und Erschrecken. Sie kommt zurück. Gwen bemerkt ihre Reaktion und schaut sie forschend an. Die Schwester hat sich wieder etwas gefasst und kommt jetzt langsam näher. KRANKENSCHWESTER: Hallo? Hallo? Ich kann Sie sehen!? (anklagend) Warum lasst
ihr uns nicht in Ruhe? Sie sollten nicht hier sein! Gwen weicht erschreckt zurück. GWEN: Ich will Ihnen nichts antun. Die Lampe hört auf zu flackern, die Schwester verschwindet, nur einige letzte Echos ihrer Rufe flüstern noch durch die Korridore. Gwen steht da in Abwehrhaltung, aber nichts ist geblieben. AUF EINEM PIER AM HAFEN Tommy und Julie sind dort unterwegs, der Pier ist menschleer, denn es windig
und regnerisch, ungemütlich. Eigentlich kein Tag, um draußen spazieren zu gehen. Sogar
der kleine Kiosk am Ende des Piers hat geschlossen. Aber den beiden scheint es nichts
auszumachen. Tommy greift Julie lachend um die Taille und wirbelt sie herum, hebt sie hoch in die Luft. Die Tasche, die sie quer über der Schulter trägt, schlägt herum, ihm ins Gesicht. Julie muss sich an seine Schultern klammern. JULIE: (lachend, atemlos) Halt, halt! Tommy, lass mich runter! Er setzt sie wieder auf ihre Füße, taumelnd hält Julie sich an ihm fest und lehnt sich an ihn. Dann sieht sie ihn an. JULIE: Mein Gott, mir dreht sich alles. So etwas vertrage ich nicht mehr. Tommy sieht sie schelmisch an und küsst sie schnell. Dann schaut er vorsichtig, wie sie darauf reagiert. Aber Julie lächelt nur versonnen. TOMMY: Du redest, als wärest du uralt. Julie sieht ihn an, Trauer liegt in ihrem Blick. Sie legt beide Hände um sein Gesicht und küsst ihn der Kuss ist intensiv und dauert lange. Als sie sich voneinander lösen, ist die Traurigkeit aus Julies Blick verschwunden. Lächelnd blickt sie ihn an, die Hände immer noch auf seinen Wangen. TOMMY: (ironisch) Wir sind schon ein schönes Paar. Julie reagiert nicht darauf. Sie lacht ihn an. JULIE: Verschwenden wir keine Zeit. Also, was möchtest du als nächstes
machen? Julie lacht laut auf, dann knufft sie Tommy an die Schulter. JULIE: Na, dann bleibt ja nur meine Wohnung, nicht wahr? Tommy zieht ein gespielt unschuldiges Gesicht. TOMMY: Ich will mich nicht aufdrängen. Wir kennen uns ja noch nicht so lange
Beide tauschen einen wissenden Blick und lachen. Noch ein kurzer Kuss, dann bietet Tommy Julie seinen Arm. Sie hakt sich unter. JULIE: Also los. Beeilung. Tommy läuft los, als habe er das wörtlich genommen, die lachende Julie hinter ihm her. TOMMY: Wer schneller ist, los! Da klingelt das Handy in Julies Tasche. Sie bleibt stehen, Tommy ebenfalls. Während sie das Handy herauszieht, wechseln sie einen Blick. Beide ahnen, was jetzt kommt. JULIE: Jack. Ich hoffe für dich, dass es wichtig ist! Sie lauscht ins Handy. TOMMY: (bittend, drängend) Julie! Sie schaut ihn an und schüttelt den Kopf, die Enttäuschung ist ihr an zu sehen. JULIE: (ins Handy) Wir sind auf dem Weg. IN DER TORCHWOOD-BASIS Alle haben sich im Besprechungsraum versammelt, auch Julie und Tommy sind inzwischen eingetroffen, nur Ianto fehlt. Jack berichtet, was er und Gwen im Hospital herausgefunden haben. JACK: Die Abbrucharbeiten im Krankenhaus haben
die Zeitverschiebung ausgelöst. Er geht zur Tür, die anderen folgen ihm. In
der Haupthalle ruft er Ianto etwas zu, der sich in Jacks Büro aufhält. Gwen nickt und will auch gehen. Julie und Tommy tauschen einen Blick, dann sieht Julie Jack an. JULIE: Ich werde Gwen helfen. Die handschriftlichen Aufzeichnungen sind manchmal schwer zu entziffern. Jack nickt. Die beiden Frauen gehen ebenfalls. IM ST. TEILOS HOSPITAL Owen und Toshiko sind damit beschäftigt, die Überwachungsgeräte in einem großen Saal anzubringen. OWEN: Brauchst du eine helfende Hand? Während sie redet, ist Owen an den Ort gegangen, den Gwen beschreibt. Er schaut sich um. Da ist tatsächlich ein großes Loch in der Außenwand, durch das Licht fällt. Er zieht einen Stuhl heran und steigt darauf, so dass er durch das Loch nach Draußen sehen kann. OWEN: Ich habs! Es ist ein Plakat auf der Wand gegenüber für eine Autoversicherung. Und die Geräusche, die sie gehört haben, müssen der Verkehr gewesen sein. Das ist nicht noch Jahre in der Zukunft das ist Jetzt! Plötzlich hört man ein Dröhnen, die Überwachungsgeräte jaulen los. Toshiko rennt von einem zum anderen und überprüft sie. Alle Lampen flackern. Der Alarm heult durch das Gebäude. IN DER TORCHWOOD-BASIS Jack sitzt in seinem Büro am Schreibtisch, mit Papierkram beschäftigt.
Hinter ihm arbeitet Ianto. Plötzlich öffnet sich der Behälter auf dem Tisch mit einem
sanften Leuchten. Jack bemerkt es und greift danach. Die Dose enthält einen Stapel
Papiere. Er zieht sie heraus. Sie sind gefaltet und versiegelt. Das Siegel zeigt ein T in
einem Hexagon das alte Torchwood-Zeichen. Er bricht das Siegel auf und entfaltet
die vergilbten Blätter. Sie sind eng beschrieben, in einer kleinen Handschrift. Er
blättert sie rasch durch. Ianto wird aufmerksam, er lächelt erfreut. Er vertieft sich in die Aufzeichnungen und liest sie jetzt sorgfältig. JACK: In zwölf Stunden wird es einen kurzen
Augenblick geben, an dem beide Zeiten vorhanden sind, bevor die Zeitverschiebung
abgeschlossen ist. Dann kann Tommy hier in unserer Zeit sein und im Jahr 1918. Er muss
dann unbedingt im Krankenhaus sein, bereit, von einer Zeit in die andere zu wechseln. Jack schaut ihn ernst an und nickt. TOMMY: Für immer? Jack hält den Gegenstand hoch, der vor ihm auf dem Tisch lag. JACK: Das hier ist ein Riftmanipulator. Eigentlich so was wie ein Schlüssel.
Wenn du dich erst mal in der Zeitverschiebung befindest, kannst du damit die Tür hinter
dir schließen. Er schaut von Jack zu Julie, die ebenfalls Blicke tauschen. Jack presst die
Lippen zusammen. Dann schaut Julie Tommy an und nimmt seine Hand. Niemand sagt etwas. Da
öffnet sich die Tür und Ianto kommt herein. Er hat einen Karton in der Hand. Jack steht
auf. Julie steht ebenfalls auf, die beiden gehen hinaus. JACK: (wütend) Du wusstest es die ganze Zeit, nicht wahr? Und hast nichts
gesagt?! Jack macht ein betroffenes Gesicht, offenbar fällt es ihm gerade erst wieder ein. Dann zuckt er mit den Schultern. Julie beugt sich zu ihm, legte die Unterarme auf die Schreibtischplatte und greift nach seiner Hand. JULIE: (entschuldigend) Aber in gewisser Weise hast du Recht. Sie haben mir gesagt, dass sie mich dort mit Tommy gesehen haben. Und ich habe an diesen Anweisungen mitgearbeitet. Das war ich Tommy schuldig. Jack sieht sie ernst an. JACK: Du weißt, was ihn erwartet? Julie nickt, Tränen in den Augen. JULIE: Ich konnte nicht anders. Ich habe nach Kriegsende nach ihm gesucht. In der absurden Hoffnung, er könne irgendwie überlebt haben. (Sie senkt den Kopf, um die Tränen zu verbergen) Er stirbt drei Wochen, nachdem wir ihn zurückgeschickt haben. Jack dreht seine Hand und umfasst ihre. Mit der anderen streicht er sanft darüber. Er lässt Julie nicht aus den Augen. Als sie den Kopf wieder hebt, laufen ihr Tränen über die Wangen. JACK: (leise) Durch ein Erschießungskommando. Julie nickt weinend. Sie kann kaum sprechen. JULIE: Erschossen wegen Feigheit vor dem Feind ... Ihre Stimme bricht. Jack lässt ihre Hand los und geht um den Schreibtisch herum. Er setzt sich auf die Kante vor Julie und zieht sie in seine Umarmung. Sie presst ihr Gesicht in seine Halsbeuge. Ihre Schultern zucken, sie weint jetzt haltlos. Jack spürt, wie ihm ihre Tränen in den Kragen rinnen. JULIE: (fast unhörbar, mehr zu sich selbst) Er war wegen einer Kriegsneurose
dort im Krankenhaus. Als Torchwood ihn einfror, haben sie seine ganzen damaligen
Erinnerungen eingefroren. Wenn er zurückgeht ins Jahr 1918, wird er in den Zustand
zurückkehren, in dem er sich damals befand. Und wenn er an die Front zurückkehrt, wird
die Kriegsneurose wieder ausbrechen. Er wird nicht mehr kämpfen können und
zusammenbrechen. Das wird sein Todesurteil sein. Julie hebt den Kopf und schiebt sich etwas von Jack weg, um ihn ansehen zu können. Die Tränen sind versiegt, aber ihr Gesicht noch ganz nass. JULIE: (verzweifelt) Jack, ich kann das nicht. Nicht diesmal, nicht mit ihm. Jack sieht sie traurig an und wischt ihr zärtlich die Tränen vom Gesicht. Sie schließt die Augen und lehnt ihre Wange in seine Hand. JACK: Du musst. Julie öffnet die Augen, es stehen wieder Tränen darin. JULIE: Ich kann nicht. Julie sieht ihn verzweifelt an. Jack hält ihrem Blick stand. Schließlich
nickt sie und umarmt ihn wieder. Jack schließt seine Arme um sie und hält sie wortlos
fest. Die anderen sitzen an den Computern in der Haupthalle, als Tommy und Ianto aus dem Besprechungsraum kommen. Tommy schaut sich suchend um. TOMMY: Wo ist Julie? Ianto schaut auf seine Armbanduhr. Alle schauen sich schweigend und verlegen an. Tommy sieht von einem zum
anderen. Er dreht sich schon um, um etwas zu besorgen. Aber Tommys Stimme lässt ihn stoppen. TOMMY: Aber ihr werdet nicht mit mir gehen. Das betrifft nur mich allein. Wieder schauen sich alle verlegen an. Unangenehme Stille breitet sich aus. Da kommt Julie aus Jacks Büro. Tommy sieht sie und lächelt erleichtert. Jack folgt ihr, bleibt aber in der Tür stehen und lehnt sich mit verschränkten Armen an den Rahmen. GWEN: (zu Jack) Wir fragen uns gerade, wo Tommy heute nacht bleiben soll. Jack holt tief Luft, als seufze er, aber bevor er etwas sagen kann, spricht
Julie. Jack schaut kurz zu ihr, aber sie kehrt ihm den Rücken zu. Alle starren Julie an, völlig verblüfft. GWEN: Hier in dein Zimmer?? Den anderen entgleisen die Gesichtszüge noch mehr, wenn das möglich ist. IANTO: Du hast ein Haus in Cardiff?! Julie lächelt und sieht Tommy an. Er lächelt zurück und nickt. Dann gehen beide Hand in Hand Richtung Rolltor. JACK: (ruft ihnen nach) Morgen früh, 06:30 Uhr. Dann dreht er sich um und geht zurück in sein Büro. Gwen schaut ihm
nachdenklich hinterher. Tommy schaut sich in dem großzügigen Raum um. Es sieht aus wie ein riesiges Einzimmerapartment, modern eingerichtet mit kleiner Kochzeile, Wohnbereich und einem großen Bett in einem etwas erhöhten Bereich. Asiatische Statuen und eine Vitrine mit Fossilien und Mineralien geben dem Raum eine persönliche Note. TOMMY: Es hat sich nichts verändert. Es sieht immer noch aus wie ein Museum. Doch, Moment. Diese Figur war letztes Mal noch nicht da. Er deutet auf eine fast lebensgroße Statue einer hinduistischen Göttin oder Tänzerin. JULIE: Ja. Du weißt ja, dass ich so etwas sammle. Die habe ich erst vor
kurzem gekauft. Sie tritt ganz nahe an ihn heran, lehnt sich an seinen Rücken und legt die Arme um ihn. TOMMY: Und ich werde dir nicht einmal schreiben können. Du wirst unendlich weit weg sein. Julie antwortet nicht. Tommy dreht sich um und küsst sie leidenschaftlich,
dann bewegen sie sich auf das Bett zu. Jack sitzt an seinem Schreibtisch und blättert in einigen Papieren. Ianto
kommt über die Treppe hinter Jacks Schreibtisch herauf, nachdenklich, mit langsamen
Schritten. Jack fängt an zu sprechen, ohne sich umzudrehen. Er bleibt neben Jack stehen. Jack klappt die Akte zu und schaut zu Ianto auf. JACK: Nicht nur das. Hier sind geliebte Menschen, die ich nie kennen gelernt hätte, wäre ich dort geblieben. (Er schaut Ianto an, der erwidert den Blick) Und um nichts in der Welt würde ich das missen wollen. Ianto hält den Blickkontakt einen Moment, dann schaut er zu Boden. Jack steht auf und legt ihm die Hände auf die Schultern. Die beiden stehen ganz nah zusammen. Jack schaut ihn eindringlich an. JACK: Du bist mir wichtig, Ianto Jones. Ianto hebt den Kopf und schaut ihn zweifelnd an. IANTO: Wie hältst du das aus. Sie liegt jetzt mit ihm im Bett. Ianto lächelt ebenfalls, aber es sieht eher verzweifelt aus. Jack wird wieder ernst. Er streicht Ianto mit der linken Hand sanft über die Wange. JACK: (leise) Morgen wird er fort sein. Nur noch eine Erinnerung. Tommy und Julie liegen im zerwühlten Bett, nackt, atemlos, einander zugewandt. Die Uhr zeigt 02:00 Uhr. Beide schauen sich an. TOMMY: Was wird mit mir geschehen? Nachdem ich zurückgekehrt bin? Julie senkt die Augen, sie kann ihn nicht ansehen. TOMMY: Nun komm schon. Du weißt es doch! Julie schaut ihn traurig an. JULIE: (zögernd) Sie schicken dich nach Frankreich zurück. TOMMY: (ahnungsvoll) Und dann? Julie sieht ihn eindringlich an, als wolle sie mit den Augen in seine Seele schauen. Tommy hält ihrem Blick stand. Sie streicht ihm über die Wange, Tränen in den Augen. JULIE: Du wirst getötet. Tommy nickt, als habe er nichts anderes erwartet. TOMMY: Finden sie wenigstens meine Leiche? (Julie nickt) Wenigstens etwas. Er lehnt sich zu ihr und sie küssen sich, lange, leidenschaftlich,
verzweifelt. Es wirkt schon wie ein Abschied. JULIE: Es ist soweit. IM ST. TEILOS HOSPITAL ETWAS SPÄTER Das ganze Team geht durch die leeren, dunklen Korridore. JACK: Ihr wisst, wir dürfen nicht mehr hier sein, wenn es passiert. Das Dröhnen eines nahenden Risses erklingt, der Alarm heult los, die Lampen fangen an zu flackern. Alle schauen sich alarmiert um. JULIE: Kommt. Sie gehen weiter durch leere Flure, Tommy und Julie voran. Plötzlich bleibt Tommy stehen. TOMMY: Shhh. Leiser Gesang ist zu hören, wie ein Echo. JACK: Im Moment sind wir sicher. Eine Krankenschwester mit einer Petroleumlampe in der Hand tritt aus einem anderen Korridor und geht vor ihnen her. Tommy folgt ihr, ohne auf die anderen zu achten. JULIE: (besorgt) Ist alles in Ordnung? Tommy? Sie und die anderen folgen ihm bis in den völlig leeren Krankensaal. Dort
steht Tommy, allein, und schaut sich verstört um. Die Stimme von Gerald, dem Torchwood-Leiter von 1918, erklingt. Jetzt erscheint auch der Krankensaal aus dem Jahr 1918. Tommy sieht sich selbst im Bett vor ihm liegen. Gebannt starrt er auf die Szene. Erst Julies Stimme reißt ihn aus seiner Trance. JULIE: Tommy! Plötzlich wirft er sich herum und stürzt aus dem Saal, das Gesicht vor Panik verzerrt. Alarmiert rennt Julie ihm nach. Jack schaut die anderen an. JACK: Ihr bleibt hier. Dann folgt er Julie und Tommy. Er findet die beiden in einem kleinen Raum mit Rohren und einem Waschbecken an der Wand. An der Decke hängen zwei riesige Lampen wie in einem OP. Julie steht mitten im Raum, Tommy zugewandt. Tommy stößt sich heftig von der Stirnwand ab und schaut sie beide angstvoll an. Er geht auf Julie zu. TOMMY: (laut) Ich will das nicht tun. Ich kann nicht zurückgehen! Jack hält ihn auf und stößt ihn zurück. JACK: (energisch) Du musst. Tommy sieht erst ihn, dann Julie verzweifelt an. Sie streckt die Hand nach ihm aus. TOMMY: Nein! Ich weiß, was geschehen wird! Sie schicken mich zurück an die
Front, zurück in die Schützengräben. (er schaut Julie flehentlich an) Hilf mir! Er hebt die Hand mit dem Schlüssel, dann lässt er ihn fallen. Julie schaut erst auf den Schlüssel, dann sieht sie Jack ratlos an. Er erwidert ihren Blick. TOMMY: (zu Jack, aggressiv) Ihr seid nicht besser als die Generäle. Sitzt
sicher hinter den Linien und schickt uns in die Schlacht. Jeder von euch könnte gehen,
aber ihr seid nicht Manns genug, ihr schickt mich! Er senkt den Blick, kann Tommy nicht in die Augen sehen. Der kommt langsam, drohend auf ihn zu. TOMMY: (provozierend) Ich bin mein ganzes Leben herumkommandiert worden. Von der Armee, von Torchwood. Er steht jetzt genau vor Jack, stößt fast mit ihm zusammen. Jack schiebt ihn zurück. JACK: Hey, hey. Nun dreht Tommy sich zu Julie. Mit Tränen in den Augen sieht er sie an. TOMMY: (mutlos) Alles, was ich hier hatte, bedeutet gar nichts. Julie sieht ihn nur an, sie hat ebenfalls Tränen in den Augen und streckt mit einer hilflosen Geste die Hand nach ihm aus. Tommy wendet sich weinend ab und geht zur Stirnwand des Raums, schleppend, mit hängendem Kopf und Schultern ein Bild des Jammers. Julie sieht Jack hilflos an. An der Wand dreht Tommy sich um und schaut zu Julie, Tränen laufen ihm über das Gesicht. Er lässt sich an der Wand entlang zu Boden sinken und kauert sich dort zusammen, das Gesicht in den Armen vergraben. Jack presst die Lippen zusammen und will zu ihm gehen, aber Julie hält ihn auf. JULIE: (leise) Jack? Bitte, lass mich. Jack schaut sie fragend an, dann nickt er. Im Hinausgehen legt er ihr die Hand auf die Schulter. JACK: Ihr habt nur noch zwei Minuten. Julie geht zu Tommy, auf dem Weg hebt sie den Schlüssel auf. Neben Tommy kniet sie sich hin und legt ihm die Hand auf die Schulter. Tommy zuckt zurück und rückt von ihr ab. Abweisend starrt er vor sich hin, aber die Angst ist ihm anzusehen. Julie schaut zu Boden, sie sucht nach den richtigen Worten. JULIE: Tommy, hör mir zu, ich bitte dich. (Tommy dreht den Kopf stattdessen noch etwas weg) Ich werde dir jetzt nicht sagen, dass du ein Held sein wirst. Denn das ist dir im Moment völlig egal, nicht wahr? Aber du bist der einzige, der die Zeitverschiebung aufhalten kann. Jetzt schaut Tommy sie an, verzweifelt. TOMMY: Ich kann das nicht! Julie rückt ganz nah an ihn heran, drückt ihm den Schlüssel in den Schoß und nimmt ihn in die Arme. Diesmal lässt Tommy es zu. Julie küsst ihn zärtlich auf die Wange und legt dann die Hände um sein Gesicht, dreht es so zu sich. JULIE: (leise) Du kannst es, das glaube ich ganz fest. Ich will auch nicht,
dass du gehst. Aber wenn die Zeitverschiebung nicht gestoppt wird, wird das keiner von uns
überleben. Wir haben keine andere Wahl. Julie sieht Tommy intensiv an, er ist wie hypnotisiert. JULIE: Wenn nicht für andere, dann tu es für mich Dann ist wieder das Dröhnen des Risses zu hören, ein heftiger Windstoß bläst ihnen ins Gesicht. Beide blicken alarmiert auf, als ein blendend helles Licht erscheint. Beide wenden sich ab und schließen schützend die Augen. Der Riss öffnet sich direkt vor ihnen, auf der anderen Seite stehen Gerald und Harriet im Jahr 1918. Sie schauen verdutzt auf die beiden anderen. Dann scheint Erkennen in ihren Augen auf, als sie Julie sehen. Die schaut die beiden warnend an und schüttelt ganz kurz den Kopf, als Gerald den Mund öffnet. GERALD: Hallo? Einen langen Augenblick starren sich alle nur an. Dann springt Tommy auf und kommt an den Riss, den Schlüssel in der Hand. TOMMY: Holen Sie mich. Ich bin da im Krankensaal, im Jahr 1918. Sie müssen mich mitnehmen, damit ich jetzt hier sein kann. Holen Sie mich jetzt! Der Wind und das blendende Licht kommen wieder und der Riss schließt sich für den Moment. Tommy sieht sich nach Julie um, sie kommt zu ihm und legt die Hand auf seinen Arm. TOMMY: Bald werde ich fort sein. Julie nickt und legt die andere Hand auf den Schlüssel, den Tommy an seine Brust gedrückt hat. JULIE: Denke an den Schlüssel. Du musst ihn benutzen. (Sie küsst ihn) Es wird sein, als wärst du nie fort gewesen. Wenn du wieder in deinem Bett liegst, benutze den Schlüssel. (Tommy nickt, aber er wirkt geistesabwesend. Julie bemerkt es, ihre Stimme wird beschwörend) Tommy? Denke daran. (Sie schaut zu der Stelle, wo der Riss war) Es ist fast soweit. Sie küssen sich noch einmal hastig, da erklingt schon wieder das Dröhnen des Risses. Julie streicht Tommy noch einmal über die Wange, dann macht er ein paar Schritte nach vorne, auf den Riss zu. Julie sieht ihm nach, sie ist wieder den Tränen nahe. Das Licht erscheint wieder, der Wind weht. Nun steht Tommy direkt darin. Er blickt sich noch einmal zu Julie um, bis das Licht alles überstrahlt. Als das Licht verschwindet, findet er sich in einem Abstellraum wieder, im
Jahr 1918, den Schlüssel immer noch an sich gedrückt. Verwirrt schaut er sich um. Eine
Krankenschwester kommt herein und scheucht ihn erstaunt raus. Sie greift sich ein Laken aus dem Regal und geht ihm nach. Die anderen reagieren sofort, drehen auf dem Absatz um und rennen los. IM KRANKENSAAL DES ST. TEILOS HOSPITALS, 1918 Der Tommy des Jahres 1918 liegt in seinen Bett, halb aufgerichtet, völlig verwirrt, einen Zipfel der Bettdecke verkrampft in den Händen, als warte er auf irgendetwas. Gerald und Harriet eilen in den Raum und bleiben vor seinem Bett stehen. Fragend sieht Tommy die beiden an. Sie lächeln, es soll wohl beruhigend wirken. GERALD: Tommy, ich denke, Sie sollten besser mit uns kommen. Er zieht Tommy die Decke aus den Händen und schlägt sie zurück. TOMMY: Warum? Er hält Tommy seine Hand hin, doch der sieht noch verwirrter aus als vorher. TOMMY: (ängstlich) Wohin gehen wir? Tommy steht auf, Gerald hilft ihm dabei, und zieht seine Jacke an. In diesem
Moment erscheint der Tommy des Jahres 2008 in der Tür am anderen Ende des Saales. Gerald
bemerkt ihn und geleitet den Tommy1918 schnell aus dem Raum, damit sie sich nicht
begegnen. An der Tür dreht sich Gerald noch einmal um und schaut den Tommy aus 2008 direkt an, der die Szene von der anderen Tür aus beobachtet hat, aber offenbar nicht erkennt, was er da sieht. Dann geht er den beiden anderen nach. In diesem Moment lenkt die Schwester, die noch immer hinter ihm ist, Tommy2008 ab. KRANKENSCHWESTER: Sie sollten im Bett sein. Verwirrt dreht Tommy den Kopf zu ihr, dann geht er weiter in den Raum, auf
das nun leere Bett zu. Im Gehen zieht er seine Jacke aus, dann legt er sich ins Bett. Er
wirkt wie in Trance. Die Schwester schüttelt ihm das Kissen auf und zieht die Decke hoch. IN DER TORCHWOOD-BASIS GWEN: Was ist los? Toshiko ruft einen Stadtplan auf ihrem Bildschirm auf, eine Menge kleiner
roter Lichtpunkte sind darauf zu sehen. Und es werden immer mehr. Sie dreht sich mit blitzenden Augen zu Ianto um. Der zuckt entschuldigend mit den Schultern und wendet sich ab. Jack beobachtet sie besorgt. JACK: Einer von uns muss zurückgehen. Er will schon zur Tür gehen, da hält Owen ihn zurück. OWEN: Jack, warte! Du würdest im Jahr 1918 festsitzen. - Ich habe eine Idee. Er geht zum Autopsieraum, die anderen folgen ihm. Owen beginnt hastig, einen
Überwachungsmonitor und andere Dinge heranzuschleppen, während er spricht. Dass Ianto abwehrend beide Hände gehoben hat, und seinen entsetzten Gesichtsausdruck über das, was die anderen sich da gerade zusammenspinnen, bemerkt nur Julie. Sie sieht ihn ernst an, dann nickt sie fast unmerklich. Sie beteiligt sich nicht an der Diskussion, sondern steht nur ganz still da und beobachtet. JACK: So könnten wir ihn dazu bringen, den Schlüssel zu benutzen. Aber er schaut auch plötzlich zweifelnd, sein Blick schweift ab. Julie macht eine kleine Bewegung, als wolle sie vortreten und hebt etwas die Hand. Jack sieht sie fragend an. Owen bereitet eine Spritze vor, aber eine Handbewegung von Jack lässt ihn innehalten. Zwischen ihm und Julie spielt sich wieder diese wortlose Kommunikation ab, die alle anderen ausschließt. Gwen, Ianto, Owen und Toshiko beobachten es argwöhnisch. JULIE: Ich werde es machen. Ich habe wohl den besseren Draht zu Tommy. Jack lächelt schief, er nickt. JACK: Genau. Julie setzt sich in den Behandlungsstuhl, Owen bringt mehrere Elektroden auf ihrer Stirn an. JULIE: Wie viel Zeit bleibt mir? Julie nickt, er injiziert ihr das Blut. Sie schließt die Augen, konzentriert sich. Owen und Jack stehen neben ihr, an beiden Seiten des Stuhls. Owen besorgt beobachtend, Jack eher ruhig. Er blickt kurz auf seine Armbanduhr. IM ST. TEILOS HOSPITAL, 1918 JULIE: Tommy. Tommy. Tommy. Tommy sieht sie verständnislos an. TOMMY: Wer? Julies Gesicht verzieht sich schmerzlich, sie streckt die Hand nach ihm aus, lässt sie dann aber wieder sinken. JULIE: Erinnerst du dich nicht? Ich bin hier, um dir zu helfen. Tommy hält ihr ratlos den Riftschlüssel hin. TOMMY: Gehört das dir? Sprung in die Basis 2008. Julie liegt mehr in dem Stuhl, mit geschlossenen Augen, als dass sie sitzt. Alle stehen wortlos um sie herum, mit besorgten Gesichtern. Jack hält ihre Hand. Zurück im Krankenhaus im Jahr 1918: TOMMY: Ich habe Angst. Wieder streckt Julie die Hand nach ihm aus und wieder lässt sie sie gleich wieder sinken. JULIE: (beschwörend) Das stimmt nicht! Sie sieht ihm fest in die Augen und Tommy scheint von ihrem bernsteinfarbenen Blick wie gebannt. Einen Moment sagt keiner von ihnen etwas. Es sieht aus, als wolle Julie mit ihrem Blick Tommys Erinnerungen an die gerade erst passierten Geschehnisse an die Oberfläche zwingen. Und wirklich, Tommys Gesichtsausdruck verändert sich, wird ruhiger. In seinen Augen scheint so etwas wie Verstehen aufzuglimmen. TOMMY: Wofür kämpfe ich eigentlich? Tommy schaut auf das Gerät, das er immer noch in der Hand hält, die in seinem Schoß liegt. Dann hebt er es und dreht mit der anderen Hand an dem Schlüssel. Ein Ring bewegt sich, ein goldener Schimmer erstrahlt und erlischt gleich wieder. Das Dröhnen des Risses erklingt, zunächst nur leise. JULIE: Danke. (Sie streckt wieder die Hand nach ihm aus, beugt sich ganz nach
vorne, um seine Wange zu berühren. Aber ihre Hand geht durch ihn hindurch. Enttäuschung
und Verzweiflung liegen in ihrem Blick, als wolle sie sagen, ich habs doch gewusst)
Ich werde dich nie vergessen. Das Dröhnen wird lauter und lauter, das gleißende Licht scheint auf. Julies Gestalt verschwindet langsam darin. Aber Tommy blickt sie unverwandt an, bis sie verschwunden ist. Und Julie erwidert seinen Blick. IN DER TORCHWOOD-BASIS, 2008 Im Autopsieraum öffnet Julie mit einem Keuchen die Augen und richtet sich ruckartig in den Stuhl auf. Jack berührt sie sofort und murmelt irgendeinen beruhigenden Unsinn. Alle atmen erleichtert auf. OWEN: Alles in Ordnung. Julie schaut sofort Jack an. Sie weint. JULIE: Er hat es getan. Jack umarmt sie. Julie klammert sich an ihn. Die anderen schauen verlegen und entfernen sich leise. Nur Ianto zögert, aber auf einen strengen Blick von Jack hin geht auch er. Julies Schultern zucken, sie weint lautlos. Jack hält sie fest, auch er hat Tränen in den Augen.Später, viel später im Besprechungsraum. Julie packt Tommys Kleidung in den Karton, der vorher seine alten Sachen enthielt. Es wirkt wie eine Zeremonie, jedes Stück hält sie lange in der Hand, faltet es dann sorgfältig zusammen und legt es in den Karton, als sei es zerbrechlich wie ein rohes Ei. Jack tritt leise ein, aber natürlich hat Julie ihn schon bemerkt. Doch das einzige Zeichen dafür ist ein leichtes Heben des Kopfes. Jack tritt zu ihr und streicht mit der Hand über ihren Rücken. Julie schiebt den Deckel auf den Karton und schließt den Riemen darum. JULIE: Wieder ein Abschied für immer
Julie dreht sich zu ihm um, eine Hand immer noch auf dem Karton. Mit der anderen greift sie nach Jacks. JULIE: Erst dachte ich, er würde mich nicht erkennen. Aber dann war da sein
Blick ... Er hat mir bis zuletzt vertraut. Julie wendet den Blick ab, schaut zu Boden. JULIE: (leise) Ja. Bald wird er nur noch eine Erinnerung sein. Und irgendwann ist sein Gesicht nur noch ein undeutlicher Schatten wie all die anderen du bist der einzige, der bleibt Jack greift nach ihrer anderen Hand und zieht sie fast mit Gewalt von dem Karton, auf dem sie immer noch ruht. So zwingt er Julie ihn anzusehen. Sein Blick hält ihren fest, der wieder abzuschweifen droht, seine Stimme klingt beschwörend. JACK: So ist es eben. Du bist stark. Du wirst darüber hinweg kommen. Wie du es immer schaffst.Julie sieht ihn zweifelnd an, dann tritt sie ganz nah an ihn heran. Jack umarmt sie und sie erwidert seine Umarmung, hält ihn ganz fest, hält sich an ihm fest. Eine Zeitlang bleiben sie so stehen, Julies Gesicht an seiner Schulter verborgen, Jacks zeigt Besorgnis. Als er spürt, dass ihr Griff lockerer wird, setzt er ein Lächeln auf, drückt er sie etwas von sich weg und sieht sie an. JACK: (betont munter) Lass uns etwas spazieren gehen. Ich denke, wir könnten beide etwas frisches Luft gebrauchen. Julie sieht ihn forschend an, dann nickt sie. Arm in Arm gehen sie aus dem Raum. Kurze Zeit später sieht man sie engumschlungen langsam die Promenade am Quai entlanglaufen, Jack in seinem grauen, Julie in ihrem schwarzen Mantel. Wie sie da so entlang spazieren, wirken sie wie ein ganz normales Paar
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