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Robin Hood - König der Diebe

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Teil 20 – Große Pläne


Als Robin ins Lager geritten kam und das gestohlene Pferd zügelte, eilten die Geächteten herbei und versammelten sich um ihn. Erschöpft, aber triumphierend grinste er in ihre erstaunten Gesichter, dann stieg er ab. Sayeed trat an das Pferd heran und legte eine Hand auf dessen vor Schweiß triefenden Hals. Sie sah sich nach Aseem um und machte eine Geste in seine Richtung. Der rief nach Wasser, und Robin nickte ihm dankbar zu. Als der Krug aber gereicht wurde, versorgte Aseem mit dem Wasser das keuchende, dampfende Pferd.

Robin sah ihn streng an. Aber dann schnallte er nur wortlos den schweren Sack, den er auf seiner Flucht aus Nottingham mitgenommen hatte, vom Sattel und leerte ihn aus. Ganze Brote und Käselaibe kugelten vor den erstaunten Augen der Waldmänner heraus. Sie fielen hungrig über das unerwartete Festmahl her, und im allgemeinen Durcheinander waren immer wieder überschwängliche Worte des Lobes für Robin zu hören. Der hob einen der Brotlaibe auf.

Warum bist du fort, ohne mir etwas zu sagen?“ fragte Aseem tadelnd. „Wie soll ich dich beschützen, wenn ich nicht einmal weiß, wo du bist?“

Bis jetzt hast du auch kaum einen Finger zu meinem Schutz gerührt, wenn du es wusstest“, widersprach ihm Robin, während er auf das Lager zuging. Aseem und Sayeed folgten ihm.

Ich möchte zumindest die Möglichkeit dazu haben“, sagte Aseem achselzuckend.

Robin reagierte nicht. Stattdessen blieb er stehen und wartete, bis die beiden zu ihm aufgeschlossen hatten. Dann fragte er leise: „Und hier? Irgendwelche Probleme?“ Sayeed schüttelte schulterzuckend den Kopf und Aseem antwortete: „Nein, Johns Wort hat seine Wirkung gezeigt. Sie bemühen sich, Sayeed wie einen Mann zu behandeln. Und auf meine Bitte hin verschleiert sie sich hier nicht.“ Robin sah, wie Sayeed die Stirn runzelte und die Lippen zusammenpresste. Ja, das wird ihr nicht leicht gefallen sein, dachte er. Er nickte ihr zu. „Danke“, sagte er und Sayeed lächelte kurz. Dann drehte er sich um und nahm seinen Weg wieder auf.

Will Scarlet trat auf Robin zu. Er hatte die Wappen, die Satteldecke und Zaumzeug des Pferdes schmückten, erkannt. Zornig drehte er sich zu Robin um, der seinen Schritt nicht verlangsamt hatte und schon an ihm vorbei gegangen war.

Das ist das Pferd des Sheriffs“, sagte er so laut, dass es alle hören konnten, und plötzlich wurde es ganz still. Die Geächteten sahen Robin mit furchtsamen, vorwurfsvollen Augen an, und selbst Little John warf ihm einen finsteren Blick zu. „Großartig!“ sagte John anklagend. „Ihr habt in ein verdammtes Wespennest gestochen!“

Robin lächelte ihn im Vorbeigehen an. „Angst, John?“

Ja, ein bisschen“, gab dieser zu.

Nun, dem Sheriff geht’s genauso. Ich habe ich ihm jedenfalls heute morgen einen Stich versetzt, den er nie vergessen wird.“

Du Narr“, brüllte Scarlet hinter ihm, „du hast einen verdammten Krieg angezettelt!“ Robin bemerkte nicht, dass hinter ihm auch Sayeed und Aseem besorgte Blicke wechselten. Sayeed schüttelte abfällig den Kopf und Aseem hob in einer ratlosen Geste die Hände.

Robin hatte inzwischen sein Ziel erreicht, Duncan, der dort an einem Baum gelehnt saß. Die anderen schlossen zu ihm auf. Er drehte sich zu Will Scarlet um und sagt ruhig: „Wir befinden uns bereits im Krieg.“ Dann beugte er sich zu Duncan herunter und reichte ihm das Brot. Der nahm es dankbar. Robin richtete sich wieder auf und sah die Geächteten an, die sich allmählich um ihn versammelten. „Wir müssen uns wehren gegen den, der unsere Häuser verbrennt und unsere Kinder jagt“, sagte er leidenschaftlich.

Wir?“ fragte John ironisch. „Ihr wollt Euch uns anschließen?“

Nein“, sagte Robin. „Ich will euer Anführer sein.“ Die Geächteten sahen ihn sprachlos an. Aber es regte sich kein Widerspruch. Selbst Will Scarlet schien es die Sprache verschlagen zu haben, wie Robin mit Genugtuung feststellte. Dann drehte er sich um und ging.

Aseem folgte ihm und sagte eindringlich: „Christ, dies sind einfache Menschen. Sie sind keine Krieger. Gib Acht, dass du dies nicht nur um deiner selbst willen tust.“

Robin blieb stehen und drehte sich zu ihm, schaute ihn aber nicht an, als er antwortete. „Du vergisst dich, Aseem. Ich habe dich weder um deine Gesellschaft noch um deinen Rat gebeten.“ Der Maure sah ihn fassungslos an. Wie um seinen Worten die Schärfe zu nehmen, legte Robin ihm die Hand auf den Arm und lächelte kurz. Dann ging er davon.

Aseem sah ihm nach, sein Gesicht zeigte keine Regung. Sayeed war inzwischen herangekommen. Natürlich hatte sie Robins harsche Worte gehört. Sie sah Aseem an und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf, ihr ganzer Körper drückte Missfallen aus. Aseem erwiderte ihren Blick, zuckte mit den Schultern und sagte leise: „Er wird schon wissen, was er tut. Er ist hier zuhause.“

Sayeed sah ihn missbilligend an, sie verstand nicht, warum er Robin auch noch entschuldigte. Aseem setzte schon zu einer Erklärung an, da schweifte ihr Blick ab, über seine Schulter hinweg. Nun zeigte er Schmerz und Trauer, aber auch noch etwas anderes. Aseem schaute sich neugierig um, ihrem Blick folgend. Seine Augen weiteten sich überrascht, als er Will Scarlet dort stehen sah, der Robin unverwandt nachstarrte. In seinen Augen stand nichts als blanker Hass.

Aseem drehte sich wieder zu Sayeed und legte ihr wortlos die Hand auf die Schulter. Er brauchte nichts zu sagen, Sayeed verstand auch so, wie ihr kurzes Lächeln zeigte. Sie berührte ihn wie zum Dank, dann senkte sie den Kopf und wandte sich ab. Doch Aseem war die Sehnsucht in ihren Augen nicht entgangen.


Auf Nottingham Castle saß der Sheriff in seinen Privaträumen steif in seinem Sessel und zitterte mehr vor Wut als vor Schmerz, während sein persönlicher Barbier und Bader sich daran machte, die Wunde in seiner Wange zu nähen. Gisborne stand als moralische Unterstützung an eine Säule gelehnt ihm gegenüber und kaute nachdenklich an einem Apfel. „Warum mit einem Löffel, Vetter?“ fragte er. „Warum keine Axt oder so etwas?“

Der Sheriff funkelte ihn an. „Weil er stumpf ist, du Trottel! Es bereitet größere Schmerzen! - Ich will, dass dieser Bandit geschnappt wird, Gisborne! Schlachtet ihr Vieh ab...Nein...noch besser, nehmt es ihnen weg! So glauben sie, dass sie es wiederbekommen, wenn sie sich kooperativ verhalten. Ich will, dass sich Locksleys Leute untereinander um die Gelegenheit prügeln, ihn auszuliefern.“

Gisborne nickte nachdenklich. Er stieß sich von der Säule ab und ging langsam durch den Raum. Dabei sprach er gedehnt, als denke er eigentlich nur laut. „Vielleicht sollten wir ihm einen Spitznamen verpassen, Vetter. Irgendeinen Namen, der den Bauern den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Locksley der Tödliche, Rächer Robin, Robin Hood...“

Der Sheriff unterbrach ihn schroff. „Nennt ihn, wie Ihr wollt, aber findet ihn!“ Er hatte jetzt keinen Sinn für solche Spinnereien. Ihn beschäftigte etwas ganz anderes. Er hatte sich immer viel auf sein gutes Aussehen eingebildet, dass nun von diesem verdammten Locksley verunstaltet worden war. „Ich will diesen Banditen bis zum nächsten Vollmond tot sehen“, herrschte er Gisborne an, „noch ehe die Barone wiederkommen!“

Für ihn war die Angelegenheit damit beendet. Der Sheriff musterte den Bader übellaunig. „Näh’ schon, verdammt! Und ich wünsche kleine Stiche, kapiert!“ Der Mann zuckte erschreckt zusammen und seine Hand mit der Nadel näherte sich langsam der Wange des Sheriffs. Er konnte das Zittern seiner Hände nur schlecht unterdrücken. Was ihm blühte, sollte er den Sheriff nicht zufrieden stellen, wusste er genau.

Der Sheriff biss die Zähne zusammen, als er die Nadel seiner blutenden Wange näher kommen sah. Gisborne kam heran, um alles gut sehen zu können. Man musste die Vergnügungen nutzen, die einem geboten wurden.

Keiner von ihnen bemerkte das Auge, das sich an die winzige, verborgene Öffnung in der Wand presste und das Geschehen aufmerksam beobachtete.


In den folgenden Tagen schwärmten die Leute des Sheriffs aus, um dem Gebot Nachdruck zu verschaffen. Wer auch nur zaghaft etwas einzuwenden wagte, wurde schlimm zugerichtet, und manchem erging es gar noch übler. Keine Stadt, kein Dorf und kein Hof wurde verschont. Häuser wurden bis auf die Grundmauern niedergebrannt, um Widerspenstige zu bestrafen oder einfach ein Exempel zu statuieren. Sir Guy von Gisborne führte die Razzien persönlich an und fand sie überaus unterhaltsam.

Doch selbst er empfand am Ende der zweiten Woche kaum mehr als tiefe Langeweile. Er sah nur noch gereizt vom Pferd aus zu, wie seine Leute ein kleines Dorf am Rande des Waldes von Sherwood plünderten und brandschatzten, und trommelte mit den Fingern auf den Sattelknauf. Seine Soldaten schlugen sich mit Brachialgewalt ihren Weg in die einfachen Hütten und schleppten aus ihnen heraus, was sie nur tragen konnten. Das Meiste ging an den Sheriff, einiges an Gisborne, und den Rest durften sie sich untereinander teilen. Gisborne wusste, dass seine Männer durch die Aussicht auf Beute angespornt wurden. Außerdem hörte er die Bauern auch gerne jammern, flehen und schreien.

Die Frauen und Kinder rannten kreischend davon, als die Soldaten sie aus ihren Häusern trieben. Die Männer des Dorfes standen dabei und sahen stumm und reglos zu. Sie waren zu verängstigt, um überhaupt auf den Gedanken zu kommen, sich zur Wehr zu setzen. Das Vieh brüllte und schrie, als die Soldaten es zusammentrieben und zum Abtransport auf Wagen verluden.

Gisborne sah sich mit arroganter Miene unter den Dörflern um, die mit gesenkten Köpfen und niedergeschlagenen Gesichtern vor ihm standen, und runzelte plötzlich die Stirn, als er ein bekanntes Gesicht entdeckte. Die Frau mochte unter all dem Schmutz mal ganz hübsch gewesen sein, aber die harte Arbeit und ihr noch härteres Leben hatten ihr längst alle Sanftheit und Weichheit genommen. Zusätzlich war sie auch noch hochschwanger. Sie sah ihn scharf an und hielt ein kleines Kind eng an sich gepresst, als er sie ansprach. „Wo ist dein Mann, Fanny? John Little?“

Sie hielt seinem Blick mit eisiger Miene stand und machte sich nicht einmal die Mühe, ihren Hass zu verbergen. „Er ist gestorben. Letzten Winter.“

Gisborne sah sie verächtlich an, er glaubte ihr kein Wort. Doch dann wandte er sich an seine Männer. „Brennt alles nieder“, brüllte er, stieß seinem Pferd die Hacken in die Weichen und ritt davon, während die Soldaten mit Fackeln die ärmlichen Hütten anzündeten.

Einer der Bauern rief ihm hinterher: „Lasst uns wenigstens die Sau, Sire! Sie ist trächtig. Ihr Wurf wird uns durch den Winter bringen.“

Gisborne drehte sich im Sattel um. „Jetzt nicht mehr“, antwortete er höhnisch. „Du kennst doch den Sherwood-Banditen?“

Robin of the Hood?“ fragte der alte Mann. „Aber natürlich.“

Dann bete darum, dass man ihn uns ausliefert, bevor der Winter kommt.“

Er drehte sich wieder um, lachte und ritt seinen Soldaten voran zum Dorf hinaus. Hinter ihnen ächzte der vollbeladene Wagen, in dem es quiekte und blökte und gackerte. Die meisten Bauern sahen Gisborne hasserfüllt nach, aber so manch zorniger Blick richtete sich auch unmissverständlich auf Fanny.


Weiter: Teil 21 – Entwicklungen