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Robin Hood - König der Diebe

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Teil 27 – In die Falle gelockt


Eine schmale Straße schlängelte sich durch den Sherwood Forest und suchte sich ihren Weg unter der gigantischen Kathedrale der Bäume. Nur gelegentlich fand ein Lichtstrahl durch das Blätterdach und erhellte das Halbdunkel des Waldes. Sir Guy von Gisborne sah sich ständig sichernd um, während er seinem Trupp vorausritt.

Sie hatten den Wagen mit den eingetriebenen Steuergeldern in ihrer Mitte. Er war eine gepanzerte Kiste auf Rädern, groß genug, alles Geld aufzunehmen und dazu noch ein paar schwer bewaffnete Soldaten. Die Tür war von innen mit Stangen und Schlössern versperrt, und die einzigen Öffnungen waren schmale Schlitze in den Seitenwänden. Doch selbst dieser Anblick vermochte Gisbornes Stimmung nicht so recht zu heben. Dieser Wagen sah zwar großartig, sogar uneinnehmbar aus, aber er war ganz eindeutig eher eine Demonstration von Verzweiflung als von Stärke. Gebaut nur, weil alles andere bisher versagt hatte. Weil alle anderen Steuereintreiber bisher ausgeplündert worden waren. Von Robin Hood und seinen Männern.

Der Sheriff verließ sich darauf, dass wenigstens dieser Wagen durchkam. Daran hatte er Gisborne gegenüber nicht den geringsten Zweifel gelassen. Auch daran nicht, dass Gisborne die gesamte Verantwortung für die Sicherheit des Transports trug.

Er wischte sich das Gesicht mit einem Tuch ab. Es war warm, und sein schweres Kettenhemd brachte auch alles andere als Kühlung. Er lenkte sein Pferd vom Weg, hielt es an und nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche. Die Kompanie zog langsam an ihm vorbei. Der Wagen knarrte und sein Gewicht hinterließ tiefe Radspuren auf dem Waldweg. Die Pferde mussten sich schwer in die Geschirre stemmen, um ihn überhaupt voranzubringen.

Die Stille raubte Gisborne den letzten Nerv. Er feuchtete sich nervös die trockenen Lippen an. Jemand beobachtete sie. Er sah niemanden, aber er konnte es spüren. Vielleicht der grünäugige Dämon, der Robin Hood zu Diensten war. Alle sprachen nach dem Erlebnis Baron Hardcastles davon, dass die Geächteten mit dem Teufel im Bunde waren.

Und seinen Leuten ging es genauso. Ihr Gelächter und Geplauder war immer mehr verstummt, je tiefer es in den Wald von Sherwood hineinging. Inzwischen ritten sie alle mit der Hand am Schwertgriff. Gisborne sah zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren und sprach sich lautlos Mut zu.

Am Ende der Kolonne fuhr noch ein Karren hinterher, der mit Bierfässern beladen war. Gezogen wurde er von einem einzigen müde wirkenden Pferd, gelenkt von einem feisten, rotgesichtigen Klosterbruder. Mit einer Hand hielt er die Zügel, in der anderen hatte er einen Krug, den er in regelmäßigen Abständen in ein offenes Fass tauchte. Gisborne lächelte grimmig. Bei dem Tempo, mit dem das Bier in diesem Mönch verschwand, konnte die Abtei froh sein, wenn sie noch die Hälfte dessen bekam, was sie bezahlt hatte. Der Klosterbruder hatte bisher mit lauter, kehliger Stimme gesungen, und die frommen Weisen waren mit zunehmendem Konsum immer mehr gar nicht so frommen Trinkliedern gewichen. Gisborne wünschte sich mehr und mehr, er würde endlich mit dem Gegröle aufhören. Der Lärm übertönte alles, auch etwaige verräterische Geräusche im Unterholz.

Genervt brüllte er den Mönch an: „Ruhe!“ Der Mönch verstummte irritiert. Etwas ruhiger, aber wesentlich bedrohlicher setzte Gisborne hinzu: „Ich bin sicher, mit einem Schwert in Eurer Kehle wird es Euch wesentlich schwerer fallen zu singen.“ Der Mönch sah ihn entsetzt an, aber Gisborne hatte sich schon wieder in Bewegung gesetzt und ritt zurück an die Spitze der Truppe.

Er versuchte erneut in das undurchdringliche Dickicht zu spähen. Was auch immer geschehen mochte, dieses Mal brachte er das Gold durch. Es war längst keine Frage der reinen Pflicht mehr, sondern eine persönliche Angelegenheit. Robin Hood hatte ihn zum Narren gehalten, und dafür würden er und all diese Geächteten persönlich büßen.

Gisborne wusste nicht, wie Recht er mit seiner Vorahnung hatte. Tatsächlich folgen ihm ein etliche Handvoll Augenpaare aus dem verfilzten Unterholz und hinter Tarnnetzen hervor. Aseem spähte außerdem mit seinem Fernglas die Truppe der Soldaten aus. Hinter ihm standen Robin und John. Robin flüsterte drängend: „Wie viele sind es?“ „Zwanzig“, antwortete Aseem, ohne das Fernglas herunter zu nehmen.

Robins Brauen zogen sich bei dieser Zahl zusammen. John hinter ihm schaute ebenfalls recht besorgt. Mit so vielen Soldaten hatten sie nicht gerechnet. Das würde nicht so einfach werden, wie er es geplant hatte. Und Sayeed war gerade heute nicht bei ihnen. Schon allein durch die Geschichten um sie und das Entsetzen, das ihr Anblick bei den abergläubischen Soldaten erzeugte, hätten sie einen nicht zu unterschätzenden Vorteil gehabt. Wahrscheinlich trieb sie sich wieder mit diesem Scarlet irgendwo herum, dachte er kurz verärgert.

In diesem Moment fragte Bull, mit wie vielen Gegnern sie es zu tun hätten. Robin zögerte einen Moment, dann antwortete er: „Fünf!“

Aseem nahm das Fernglas vom Auge und sah ihn über die Schulter hinweg fassungslos an. Aber Robin grinste nur, zuckte entschuldigend mit den Schultern und flüsterte: „Sie können sowieso nicht zählen. Warum also ihnen Angst machen?!“ Dann winkte er seinen Männern und leise schlichen sie sich noch näher an die Soldaten heran. Aseem murmelte, eher zu sich selbst: „Und ich werde Barbar genannt ...“

Die Geächteten nahmen ihre Positionen ein. Zwei der Männer spielten den Köder. Mitten auf dem Weg fingen sie auf Kommando lauthals an zu streiten, wobei sie an einem schweren Baumstamm zerrten. Als Gisborne die Stimmen hörte, blickte er sich suchend um. Schnell hatte er die beiden Streithähne vor sich ausgemacht. Er lächelte. Da waren ja einige dieser ach so furchterregenden Geächteten. Sie sahen allerdings eher wie Schießbudenfiguren aus. Während er sein Schwert zog, drehte er sich zu seinen Gefolgsleuten um. „Die greifen wir uns! Die Vorhut mir nach, die Nachhut bleibt beim Wagen!“, befahl er und gab seinem Pferd schon die Sporen.

Beim Klang seiner Stimme verstummten die beiden Streithähne. Sie sahen sich an, nahmen die Beine in die Hand und rannten. Hinter ihnen donnerten die Verfolger heran. Aber die beiden Männer rannten nicht weit. Hinter einer Biegung des schmalen Pfades warteten schon ihre vorbereiteten Verstecke auf sie. Unter aufgespannten und mit trockenem Laub getarnten Häuten seitlich des Pfades warfen sie sich zu Boden, schlugen die Stöcke weg und waren wie vom Erdboden verschluckt. Nur kleine, ganz natürlich wirkende Laubhaufen waren noch zu sehen.

Als Gisborne mit seinen Leuten diese Stelle erreichte, zügelten sie irritiert ihre Pferde. Eigentlich müssten die Fliehenden hier deutlich zu sehen sein, der Weg lief schnurgerade weiter und das Unterholz war nicht dicht genug, um sich zu verstecken. Ratlos drehte sich Gisborne auf seinem Pferd herum und spähte nach allen Seiten. Auch die Soldaten ritten suchend umher, stöberten aber keinen der beiden Waldmänner auf.

Zur gleichen Zeit hatten sich die verbliebenen Soldaten um den gepanzerten Wagen gesammelt und schauten nervös in alle Richtungen. Wie schon zuvor regte sich nichts im Dickicht um sie herum. Und es war immer noch totenstill. Der Mönch setzte selbstvergessen zu einem Lied an, bevor er sich wieder an Gisbornes Drohung erinnerte und abrupt verstummte.

Urplötzlich und ohne Vorwarnung sank eine Tarnwand, dann flogen Pfeile aus dem Dickicht. Einer traf einen Soldaten genau über dem Rand seiner Rüstung in die Kehle. Er sank nach vorne und kippte lautlos vom Pferd. Ein anderer Pfeil fuhr in eines der Fässer hinter dem Klosterbruder, der aufschrie und seinen Bierkrug fallen ließ. Erschreckt setzte sich das Pferd vor dem Karren in Bewegung, so dass der Mönch mit dem Hinterkopf an den Aufbau des Wagens stieß und bewusstlos nach hinten auf seine Fässer kippte. Das Pferd blieb sofort wieder stehen, als es den Druck des Zügels nicht mehr spürte.

Ein weiterer der Soldaten sackte in seinem Sattel zusammen, als ein paar Stiefel ihn im Genick trafen. Etliche Geächtete schwangen sich an Seilen von den Baumriesen herunter und hoben manchen der Männer aus dem Sattel. Die anderen erledigten die Pfeile.

Robin und Aseem hatten sich inzwischen auf den gepanzerten Geldwagen geschwungen, den Kutscher vom Bock gestoßen und sich selbst dorthin gesetzt. Robin nahm die Zügel und spornte die Pferde an. Mühsam brachten sie den Wagen in Bewegung, aber als er erst einmal rollte, wurden sie immer schneller.

Die Geächteten beseitigten inzwischen die Spuren des Kampfes. Die Leichen der Soldaten zogen sie in ihre Verstecke und richteten die Tarnnetze wieder auf. Andere sammelten die Pfeile und die Waffen der Gefallenen auf.

John schwang sich auf den Bock des Bierwagens. „Willkommen im Sherwood Forest“, sagte er spöttisch zu dem Mönch, der immer noch bewusstlos zwischen seinen Fässern lag. Dann setzte er den Karren in Bewegung und folgte dem Geldwagen, so schnell er konnte.

Als Gisborne und seine Leute, die die Suche nach den beiden Geächteten inzwischen erfolglos abgebrochen hatten, ankamen, war von dem Wagen und seinen Bewachern nichts mehr zu sehen. Nur ein einzelner Helm, den die Geächteten übersehen hatten, zeugte davon, dass sie sich überhaupt am richtigen Ort befanden.

Gisborne blickte sich ungläubig um, aber der Wald lag teilnahmslos, still und schweigend da. Nicht ein Vogel war zu hören. Die Soldaten suchten noch eine Weile das Unterholz ab und schlugen blindlings mit ihren Schwertern um sich. Doch die Waldmänner waren buchstäblich vom Erdboden verschluckt. Gisborne schluckte schwer. Der Sheriff würde wenig entzückt sein.


Weiter: Teil 28 – Reiche Beute und etwas „Beifang“